Zeitrechnung und Kalender (1)


Kommentarnummer: 1744

Heftnummer: 2620

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Zeitrechung und der damit verbundene Kalender sind in einem Universum mit ungezählten bewohnten Planeten alles andere als ein triviales Problem. Allerdings ignorieren wir es in der PERRY RHODAN-Serie meist und setzen stillschweigend voraus, dass die automatischen Translatoren alles direkt und schön fein ins uns geläufige System übersetzen.
 
Eine Angabe wie 5. September 1469 NGZ, 18.31 Uhr Terrania-Standardzeit – um ein in diesem Zyklus wichtiges Datum aufzugreifen, nämlich den Zeitpunkt, zu dem das Solsystem aus der Milchstraße verschwand – ist gleich in mehrfacher Hinsicht eine Vereinfachung. Einerseits wird die Lokalzeit von Terrania City als maßgeblich für den Rest der Milchstraße angesetzt und Angaben wie MEZ und vergleichbare Zeitzonen der Erde ignoriert. Andererseits ist die Basis das vertraute Zählsystem – 60 Sekunden gleich eine Minute, 60 Minuten gleich eine Stunde, 24 Stunden gleich ein Tag, 365 Tage gleich ein (Standard-)Jahr mit einem Schalttag alle vier Jahre.
 
Einzige Besonderheit gegenüber unserem Kalender, der in Jahren »nach der Geburt Christi« zählt, ist die mit dem Jahr 3587 »alter Zeitrechnung« verbundene Umstellung auf die »Neue Galaktische Zeitrechnung«. Dabei tritt hier ein Anachronismus zutage: Mag die Bezeichnung NGZ anfangs ja durchaus berechtigt gewesen sein, so fragt sich inzwischen, was nach fast 1500 Jahren an dieser Zeitrechnung noch »neu« sein soll. Ganz abgesehen davon, dass stillschweigend das »terranische Zeitrechnungs- und Kalendersystem« der ganzen Milchstraße übergestülpt ist und lieber nicht darüber nachgedacht werden sollte, welche Arroganz genau genommen damit verbunden ist.
 
Der Hintergrund eines solchen Vorgehens ist natürlich, dass es uns Autoren wie euch Lesern mit dieser Zeit- und Kalenderrechnung so einfach wie möglich gemacht wird und jeder beim Lesen gleich Bescheid weiß. Vereinzelt gibt es zwar noch die Umrechnungsangabe, dass das Jahr 1469 NGZ dem Jahr 5056 alter Zeitrechnung entspricht, aber damit hat es sich dann.
 
Für die Praxis des planetenreisenden Raumfahrers stellt sich die Angelegenheit natürlich anders dar. 10 Uhr Lokalzeit Terrania City ist schon auf der Erde nur begrenzt von Bedeutung und interessiert den New Yorker in seiner Zeitzone nicht die Bohne. Das gilt umso mehr für die Bewohner von Luna City auf dem Mond, von New Pounder City auf dem Mars oder Port Venus und erst recht für einen Arkoniden auf der Kristallwelt oder einen Mehandor auf Archetz.
 
Keiner der anderen Planeten hat eine Eigenrotation von 24 Stunden, keiner die Jahreslänge von 365 Tagen. Die reine Umrechung beziehungsweise lokale Angabe ist in einer positronisch vernetzten Gesellschaft zwar das geringste Problem, und galaktischer Jetlag unterscheidet sich unterm Strich nicht von irdischem – dennoch ist es hin und wieder angebracht, sich diese Dinge ins Bewusstsein zu rufen. 10 Uhr in Terrania City ist nun mal nicht auch »10 Uhr« auf Aurora, der Hauptwelt des Galaktikums, sondern in Galakto City unter Umständen mitten in der Nacht.
 
Rein von den Bedingungen auf den diversen Planeten wie auch in den Raumschiffen steht natürlich das direkte Erleben im Vordergrund, sodass die Sicht auf die Lokalzeit überwiegt. Doch schon der Unterschied zwischen dem terranischen 24-Stunden-Tag und einem 20 Tontas langen Prago auf Arkon I – immerhin 28,37 Stunden – dürfte den Biorhythmus etwas durcheinanderbringen. Wird der Blick über den Horizont der Einzelwelten gehoben, stellt sich für galaktische Staatswesen wie die Liga Freier Terraner, das Kristallimperium oder die diversen Staaten der Jülziish-Blues naturgemäß die Frage, ob und wie es eine Vereinheitlichung geben könnte.
 
Die vordergründig »einfachste« Möglichkeit ist natürlich, Zeitrechnung und Kalender der jeweiligen Hauptwelt dem »ganzen Rest« aufzupfropfen. Das mag den Bewohnern dieser Hauptwelt zwar entgegenkommen, hat aber auch etwas von Willkür an sich. Eine andere Möglichkeit wäre, für alle ein übergeordnetes und somit von lokalen Einteilungen unabhängiges System zu verwenden, zumal dann auf die »krummen Werte« wie bei lokalen Eigenrotationen und Jahreslängen der jeweiligen Planeten keine Rücksicht genommen werden müsste. Kombinieren ließe sich das Ganze überdies gleich mit dem geläufigen Zahlensystem wie beispielsweise dem dezimalen, sodass seltsame Rechnungen wie beim terranischen 60-60-24-365 überwunden wären.
 
Für die Milchstraße werden wir zweifellos bei unserer Vereinfachung der »terranischen NGZ-Rechnung« bleiben – aber ein Schauplatz wie Escalian bietet die Gelegenheit, einmal vom Standard abzuweichen.


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