Stardust-Nachlese (I)


Kommentarnummer: 1564

Heftnummer: 2440

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Da kommt also dieser Lotho Keraete, macht »hübsche Andeutungen«, bleibt ansonsten wie für Boten von ES üblich mehr als vage - und schafft es dennoch, dass in eben mal rund drei Monaten etwa 804 Millionen Bewohner das Solsystem verlassen. Reife Leistung, das muss man neidlos anerkennen. Nach der Betrachtungsweise des »halb vollen versus halb leeres Glas« können die Verantwortlichen natürlich argumentieren, dass - trotz permanenter TRAITOR-Bedrohung und einer mindestens ebenso ungewissen, wenn nicht sogar ungewisseren Zukunft wie bei den Auswanderern im Stardust-System - immerhin rund 14 Milliarden Bewohner hiergeblieben sind.
 
Aber auch dann bleiben das Unbehagen und die Erkenntnis, wie angespannt letztlich die psychologische Situation ist. Zweifellos hat für die »Daheimgebliebenen« eine gewisse Portion Trotz eine maßgebliche Rolle gespielt, der Durchhaltewille des »jetzt erst recht«. Andererseits wird abzuwarten sein, ob nicht bald viele »Zögerer« und Unentschlossene, die nicht den Mut zum entscheidenden Schritt aufbrachten, ihre Entscheidung bereuen werden - und wie sie unter Umständen dann reagieren. Jene, die nicht zum abschließenden großen Schub der Kurzentschlossenen gehört haben, die sich in den letzten Tagen vor dem 13. November 1346 NGZ durchrangen und über die Teletrans-Weiche das Solsystem verließen. Jene, die nun der »verpassten Chance« hinterhertrauern, weil sie das Abbrechen aller Brücken mehr fürchteten als die scheinbare Vertrautheit der alten Umgebung, der jedoch ebenfalls ein mehr als ungewisses Schicksal bevorsteht, welches im Extrem sogar Tod und Vernichtung durch die Terminale Kolonne TRAITOR bedeuten kann.
 
Da es durchaus in der menschlichen Natur liegt, Fehler, Fehlentscheidungen, Schwächen und vermeintlich verpasste Chancen nicht unbedingt bei sich selbst, sondern »den anderen« zu suchen, kann es sein, dass die ohnehin angespannte Lage im Solsystem schon vor diesem Hintergrund über kurz oder lang einem gewissen »explosiven Punkt« zusteuern wird. Die Zellaktivatorträger und ihre Mitstreiter in verantwortliche( Position - allen voran Reginald Bull und Homer G.Adams - werden deshalb gut beraten sein, diese Entwicklung im Auge zu behalten, um gegebenenfalls darauf reagieren zu können. Wie diese Reaktion aussehen könnte, wird von der jeweiligen Entwicklung und Situation abhängen. Schon jetzt dürfte allerdings klar sein, dass es nicht leicht werden wird. Hat sich ein Pendel einmal gewaltig aufgeschaukelt, wohnt ihm eine beachtliche Energie inne. Und wehe dem, den sie dann unvorbereitet trifft ...
 
Neben möglicherweise berechtigten Vorwürfen werden bei einer wie auch immer gearteten Eskalation auch die unberechtigten eine Rolle spielen. Eben die, die auf unerfüllten Wünschen, Hoffnungen und Träumen beruhen; auf vermeintlich oder real verpassten Chancen und dergleichen mehr. Insbesondere die »deftige Überraschung«, mit der Lotho Keraete am Schluss aufzuwarten wusste, wird eine Rolle spielen. ein neues Galaktisches Rätsel, verbunden mit der zweifachen Gewinnchance auf ein potenziell ewiges Leben - es wurden schon für deutlich geringere Dinge als die in Aussicht gestellte Unsterblichkeit schlimmste Verbrechen begangen. Und auch die tiefe Enttäuschung darüber, sich selbst genau dieser Chance selbst beraubt zu haben, indem man blieb, statt ebenfalls den Schritt ins Unbekannte zu wagen, dürfte für viele ein hartes Erwachen bedeuten. Kommen dann die ständige Belastung von TRAITOR Belagerung und -Angriffen sowie der Dienst in den TANKSTELLEN zur Stützung und Stärkung des TERRANOVA-Schirms hinzu, kann die Situation schnell ungeahnte Brisanz entwickeln, in der der kleinste Zwischenfall den berüchtigten Funken am offenen Pulverfass darstellt ...
 
Es bleibt für die Bewohner des Solsystems zu hoffen, dass es nicht zum Schlimmsten kommt. Nicht umsonst wurde und wird verstärkt auf die Möglichkeiten zurückgegriffen, die BACKDOOR-Transmitter und MOTRANS-Plattformen bieten, indem sie einen Weg hinaus in die Milchstraße eröffnen - für alle jene Problemfälle, die es zwangsläufig immer geben wird, weil die Menschen unter den Angriffen der Kolonne zu Panikattacken, klaustrophobischen Anfällen oder anderem neigen und deren Gesundheit dadurch ernsthaft gefährdet wurde. Fortan dürfte es wohl einen weiteren Typ geben - die »allgemein Unzufriedenen«, denen durch das Angebot von ES »die Augen geöffnet« wurden. Inwieweit es die Aussiedler im Stardust-System und somit im Bereich der Fernen Stätten der Superintelligenz auf absehbare Zeit »besser« haben, sei mal
dahingestellt. Probleme gibt es auch dort reichlich …


Alle Seiten, Datenbanken und Scripte © PR & Atlan Materiequelle (1997 - 2019)