Die Kunstwelt Wanderer (II)


Kommentarnummer: 1904

Heftnummer: 2780

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Von kuppelförmigem Energieschirm überspannt, in dessen Zenit eine Kunstsonne für Helligkeit sorgte, war die flache Scheibenoberseite als natürliche Landschaft (Gebirge, Flüsse, Wälder, Steppen) gestaltet, unterstand dennoch dem formenden Willen der auch als Fiktivwesen bezeichneten Entität. Es handelte sich somit quasi um die Realisierung des klassisch-antiken Scheiben-Weltbildes. (PR 1974) Und die Gestaltungsmöglichkeiten sind, wie Reginald Bull vor langer Zeit erkannte, durchaus vielfältig: ES schafft aus unserer Vorstellung heraus materielle minillusionen. Es sind nichts als materialisierte Gedanken. Im Unterbewusstsein Rhodans war die Erinnerung an diesen einen Film mit der Rallas – und schon bildete der Unsterbliche die genaue Imitation und materialisierte sie hier im Schiff. Ganz einfach – obwohl ich zugeben muss, im ersten Augenblick darauf hereingefallen zu sein. (PR 32)
 
Ergänzend dazu gab es damals auch Äußerungen von ES selbst: »Du irrst, alter Freund. Es handelt sich niemals um Nachbildungen – auch die Rallas war keine Imitation im eigentlichen Sinne. Ihr Körper, das ist wahr, blieb auf der Erde, eurem Planeten. Aber ihr Geist erhielt hier einen neuen Körper und somit war sie selbst hier. Der gleiche Gegenstand kann tausendfach existieren, wenn man ihn in jeweils andere Zeitebenen versetzt. Jene Inseln dort – es sind in der Tat Inseln von der Erde. Aber sie existieren nicht jetzt und in diesem Augenblick auf der Erde, sondern vor Jahrmillionen. Das wirst du, alter Freund, feststellen können, wenn du sie betrittst. Die Vegetation ist nicht die der Gegenwart, sondern die der ältesten Vergangenheit.«
 
»Du kennst also zwei unterschiedliche Arten der Spiegelung«, erkannte Rhodan. »Jene Frau blieb körperlich auf der Erde zurück, aber jene Inseln dort nicht.«
(PR 32)
 
Vergleichbares wurde auch diskutiert, als im Jahr 3441 zur Zeit der Schwarm- krise eine Kunstwelt namens Wanderer-Beta entdeckt wurde. Es handelte sich hierbei allerdings um eine Scheibe von 12.000 Kilometern Durchmesser und 2500 Kilometern Dicke; die rötlichblaue Energiekuppel erreichte im Zenit eine Höhe von 6000 Kilometern. »Ich kann mich genau erinnern – der fehlende Stein. Er hat schon immer gefehlt, auch im Jahre 1850 nehme ich an. Ich weiß es genau, denn dort habe ich einmal gesessen und mein mitgenommenes Frühstück verzehrt. Dort, bei der Pyramide, fehlt er auch. Kein Zweifel! Es ist die Cheopspyramide!«
Atlan fragte interessiert: »Sie meinen, die echte ...? Keine geschickte Imitation, ein Nachbau, eine – nun, sagen wir ruhig mal: materielle minillusion?«
 
»Es ist die echte Cheops, daran kann kein Zweifel bestehen! So wie die Menschen, die Tiere und die Landschaften echt sind, so ist auch dieses Bauwerk echt! Fragen Sie mich nur nicht, wie der Unsterbliche das geschafft hat, das müssten Sie viel eher wissen als ich, und auch du, Perry.« (PR 517)
 
Inwieweit diese Möglichkeit distanzloser Schritte als Direktverbindung und/oder die Überlappung von irdischer Umgebung und jener der Kunstwelt bei den Auftragserteilung durch ES an Atlan in der Zeit seiner Larsaf-Verbannung eine Rolle spielte, muss unbeantwortet bleiben. Bis heute ist auch nicht klar, ob mit Wanderer-Beta ES oder Anti-ES verbunden werden muss – denn Wanderer wurde von ES im April 2326 vernichtet: Durch Verdichtung nahm die Kunstwelt die Gestalt eines hausgroßen, unregelmäßig geformten Asteroiden-Brockens an, dessen Masse der Wanderers entsprach und sich weiterhin auf der Ellipsenbahn bewegte, dann aber, von einem »Zeitfeld« umfüllt, einer Anmessung entzog. (PR 1974)
 
Dieses als »Zeitfeld« umschriebene Phänomen hatte auch zuvor schon die Kunstwelt weitgehend einem normalen Zugang oder einer direkten Beobachtungs- möglichkeit entrückt. Terranische Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser »Zeitschirm« ähnlich wie ein ATG-Feld funktioniert – nämlich durch permanente Verschiebung in die Zukunft um x Sekunden/Minuten/Stunden. Unter Umständen ist ein Aufenthalt für die Besucher auch mit Zeiteffekten verbunden, wie der erste Besuch Anfang 1976 zeigte, der für Außenstehende vier Jahre dauerte.
 
In den Jahren 1169 bis 1174 NGZ wurde im Zusammenhang mit dem Ver- wirrungszustand der Superintelligenz an diversen Orten Wanderer II beobachtet, während zur »Thoregon-Zeit« der Durchmesser von Wanderer III mit 4800 Kilometern ermittelt wurde, deutlich kleiner als bei früheren Manifestationen. Eine weitere Nummerierung fand nicht statt. Nach der Teilung der Superintelligenz in ES und TALIN verschwand am 11. Mai 1463 NGZ um 23.11 Uhr die Kunstwelt Wanderer aus dem Erfassungsbereich der Optiken und Ortungsgeräte (PR 2599) …


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