Langfristige Entwicklung (I)


Kommentarnummer: 1895

Heftnummer: 2771

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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In der Frühzeit des Solaren wie auch in der Zeit des Vereinten Imperiums gab es viele Siedlungswelten, die zum Teil etliche Tausend oder gar Zehntausende Lichtjahre vom Solsystem entfernt waren. Das »Versteckspiel« mit dem Robotregenten spielte hierbei ebenso eine Rolle wie später die Hilfe für Atlan während dessen Imperatorenzeit sowie die Möglichkeiten, die dann die Größe des Vereinten Imperiums bot (siehe PRK 2716).
 
Nachdem die Galaktische Allianz am 7. November 2328 auseinandergebrochen war und sich das Vereinte Imperium am 27. März 2329 aufgelöst hatte, kam es zur Reorganisation des terranischen Anteils als (restauriertes) Solares Imperium. Zwischen 2330 bis 2430 konzentrierte sich die terranische Besiedlungspolitik auf eine Kernzone von 4000 Lichtjahren Durchmesser, ergänzt um die erweiterte Grenzkugel der Außenrand-Stützpunkte mit 6000 Lichtjahren Durchmesser.
 
Unklar blieb allerdings, wie viele Welten in mehr als 300 Jahren »wilder« Ausbreitung angeflogen worden waren. Viele dieser Siedlungswelten wählten aus freien Stücken die Isolation und brachen interstellare Kontakte ab, in anderen Fällen machten Notlandungen wie zum Beispiel auf Oxtorne »Zwangs«- Besiedlungen mit entsprechender Umweltanpassung erforderlich. Hinzu kam, dass durch »Sekundärkolonisation« das Spektrum weiter vergrößert wurde, weil in vielen Fällen nach dreißig Jahren entsprechend dem Autarkiegesetz von Kolonien ihrerseits wieder Pioniere aufgebrochen waren.
In die erste Hälfte des 25. Jahrhunderts alter Zeitrechnung fielen jene Ereignisse, deren Ergebnisse zum Teil bis in die Gegenwart des Jahres 1517 NGZ Bedeutung haben sollten – einerseits aufgrund der außenpolitischen Entwicklung wie dem Kampf gegen die Meister der Insel sowie vor allem der Krieg mit Zeitkonditionierten und ihren Dolans und gegen die Ulebs; andererseits aufgrund innenpolitischer Entscheidungen.
 
Zu Beginn des Jahres 2435 n. Chr. beherrschte oder verwaltete das Imperium 1151 von Menschen besiedelte Sonnensysteme. Der Geschichtsschreibung ist nicht überliefert, von welchem terranischen Staatsmann der Plan stammte, das Autarkiegesetz zu reformieren und es mit bemerkenswerten Änderungsvorschlägen dem Solaren Parlament vorzulegen. Der Antrag wurde von den demokratisch gewählten Vertretern der Menschheit mit Zweidrittel-Mehrheit gebilligt und erlangte somit Gesetzeskraft.
 
Die bisher gültige Verordnung zur Autarkiegewährung für neu besiedelte Welten stieß lediglich bei jenen jungen Kolonialvölkern auf Widerstand, denen es aller Voraussicht nach gelungen wäre, nach dreißigjähriger Besiedlungsdauer die industrielle, ökonomische und kulturelle Unabhängigkeit von der Mutterwelt Terra zu erreichen. Mit der Verabschiedung des neuen Autarkiegesetzes wurde die Zeitspanne bis zur Unabhängigkeitsgewährung von ehemals dreißig Jahren auf hundert Jahre hinaufgesetzt, gerechnet vom ersten Tage der Landung an.
 
Die innenpolitischen Vorteile, die das Imperium damit errang, waren nicht zu übersehen. Terra besaß plötzlich das Recht, alle Neuwelten sieben Jahrzehnte länger zu kontrollieren und unerwünschte Entwicklungen rechtzeitig in geordnete Bahnen zu lenken ... – So weit der entsprechende Auszug aus der Enzyklopaedia Terrania (PR 300), der vor allem die für das Solare Imperium als positiv eingeschätzte Seite betonte. Tatsächlich wurde damals auch der Grundstein für eine deutlich weniger positive Entwicklung gelegt.
 
Nach der Verabschiedung des neuen Autarkiegesetzes war nämlich die sofortige und verstärkte Sekundärkolonisation die Folge, hauptsächlich von imperialen Randwelten betrieben, die nach 2405 erstbesiedelt wurden – also nach altem Recht die Unabhängigkeit erreicht oder fast erreicht hatten, nun aber weitere siebzig Jahre und mehr darauf warten mussten. Mit anderen Worten: Der durchaus berechtigte Wunsch der Terra-Administration, länger Einfluss auf die Entwicklung der Neusiedlungen zu nehmen – unter anderem, um das Entstehen von Diktaturen durch politische Begleitung ebenso zu verhindern wie das Abrutschen in Abhängigkeiten von Machtgruppen wie Mehandor, Akonen und andere –, erwies sich trotz der mehrheitlichen Annahme im Parlament als »Schnellschuss« mit Bumerangeffekt. Und das nicht zuletzt deshalb, weil versäumt wurde, das Gesetz mit einer Begleitverordnung zu versehen, die Übergangszeiten für oben genannte Betroffene festlegte.
 
Somit wurde die bereits schwelende Unzufriedenheit auf den Kolonialwelten sehr unterschätzt, die naturgemäß auf jenen Planeten stärker gärte, die kurz vor der ersehnten Selbstbestimmung standen.


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