Die Tara-Story (I)


Kommentarnummer: 1888

Heftnummer: 2764

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Angesichts der positronischen und sonstigen technischen Möglichkeiten braucht es nicht zu verwundern, dass diese auch (um nicht zu sagen vor allem) auf dem Gebiets der Kriegstechnik und hierbei insbesondere bei Kampfrobotern zum Einsatz kam und kommt. Ob diese nun ferngesteuert, teilautonom oder völlig eigenständig agieren, hängt vom Einsatz ab; Ähnliches gilt für Größe, Ausstattung und Schlagkraft. Dabei sind und waren die Übergänge zu Drohnen als meist flugfähige Aufklärer oder bewaffnete Einheiten überaus fließend.
 
Kampfroboter von humanoider äußerer Gestaltung – Schädel, oberer und unterer Rumpf, die Fortbewegungsgliedmaßen sowie Greif- und Waffenarme –, wie sie vor allem von den Arkoniden in den wechselnden Phasen des langen Methan- kriegs eingesetzt wurden, waren zunächst als Unterstützung, später sogar als Ersatz für lebende Raumsoldaten gedacht. Zeitweise handelte es sich um nicht mehr als kampfkräftige Massenware, deren Laufbeine energieintensive Systeme wie Fluggeräte oder Schutzschirme überflüssig machten. Sie konnten schwere Waffen einsetzen und erzielten selbst in Wasserstoff-Ammonik-Hochdruckatmosphäre und bei hoher Gravitation optimale Ergebnisse, zumal die Arkon- stahlpanzerung durchaus mit leichten Schutzschirmen gleichzusetzen war.
 
Angst und Selbsterhaltungstrieb – sofern nicht als Teilprogramm parallel zu den grundlegenden Robotergesetzen vorhanden – sind für Kampfroboter kein hinderliches Thema; hinzu kommen Vorteile wie Reaktionsgeschwindigkeit und Zielgenauigkeit in Kombination mit einer großen Bandbreite der sensorischen Wahrnehmung. Als nachteilig hat sich bei vergleichsweise schlichter Programmierung allerdings erwiesen, dass Intuition und Phantasie wie auch die auf Erfahrung beruhende Intuition echter Raumsoldaten von normalen positronischen Kampfrobotern nicht erreicht werden. Neben der Massenware – im wahrsten Sinne des Wortes häufig Kanonenfutter – gab und gibt es folglich unzählige Sonderkonstruktionen, häufig in Form flexibel anpassbarer Modulsysteme.
 
Ähnlich wie die Arkoniden setzten auch die Terraner zunächst lange Kampf- roboter von humanoidem Äußeren ein – die diversen TRK-Serien waren deshalb zunächst Weiterentwicklungen der arkonidischen GIAR-Modelle. Erst nach Beendigung der Dolan-Kriege und nachdem die Versorgungslage des Solsystems und der Siedlungswelten des ziemlich gebeutelten Solaren Imperiums sichergestellt war, begann ab etwa dem Jahr 2450 alter Zeitrechnung mit Unterstützung der Posbis die Entwicklung des ersten TARA-Modells als kegelförmige, beinlose Konstruktionen mit halbkugelförmigem Ortungskopf und Waffenarmen.
 
Historisch betrachtet gehörten im tibeto-buddhistischen Pantheon die Taras zu den beliebtesten und mächtigsten Göttinnen, die Manifestationen der Tara vereinten in sich die Funktionen des Schützens und Inspirierens. Pate für die Namensgebung der TARA-Roboterserie waren die kraftvoll-schützenden, zornig- furchtbar auftretenden Manifestationen. Erst später wurde dem Akronym ein Inhalt zugeordnet: TActical Robot Advanced, Version xxx, arming level: Ultra Heavy – im Raumfahrerjargon übersetzt als: »taktischer Roboter, mächtig fortgeschritten, Bewaffnungslevel: bis an die Zähne« – oder auch Terranian Android Recon Attack Ultra Heavy, »Terranischer Android (Roboter) für Aufklärung und Angriff, sehr schwere Ausführung«. Bald nach der Serienfertigung des TARA-I-UH ab dem Jahr 2460 wurden diese Roboter im Flottenjargon auch kurz »Uhus« genannt.
 
Das grundlegende Design war fortan das gemeinsame Kennzeichen der TARA-Serien: Der Roboter ist 2,5 Meter hoch, mit einem Durchmesser an der Basis von 90 Zentimetern. Er verfügt über vier Arme, die mit jeweils einer schweren Waffe armiert sind. Der TARA-I-UH wurde durch einen HÜ-Schirm geschützt und hatte eine Terkonit-Panzerung. Die Fortbewegung erfolgte auf Antigrav- und Prallfeldern und/oder Luftkissen; er war also gleit- und flugfähig. Die Steuerung erfolgte per leistungsfähiger Biopositronik.
 
Die Second-Genesis-Krise im März 2909 alter Zeitrechnung, in deren Verlauf der Verlust zahlreicher als bedeutend eingestufter Personen zu beklagen war und sich die Diktatoren zweier aus ehemaligen Siedlungswelten entstandenen Sternenreiche Zellaktivatoren beschaffen konnten, führte zu einem grundlegenden Designwandel der TARA-Serie. Waren die überschweren Maschinen vom Typ I meist noch reine »search and destroy«-Einheiten, die in der Regel im Verband operierten, sollten die Maschinen vom Typ II auch im Alleingang handlungsfähig sein und in kleineren Einsatzkommandos alternative Aufgaben bewältigen können.


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