Der Chronist von ES (I)


Kommentarnummer: 1820

Heftnummer: 2696

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Die ES-Entstehung sowie etliche Eckpunkte der Geschichte der Superintelligenz sowie Ereignisse der Großen Zeitschleife wurden ausführlich in einigen Romanen geschildert – unter anderem in PR 2000, 2046 und 2048. Ähnliches gilt für vieles, was mit Delorians Plan zusammenhängt – beispielsweise mit Samburi Yura in PR 2661 oder dem Bund der Sternwürdigen in PR 2659. Delorian Rhodan selbst wiederum war Thema der PR-Kommentare 2657 bis 2659. Nun ist es an der Zeit, einen Blick auf seine besondere Rolle und Funktion als Chronist von ES zu werfen. Auch wenn er sich inzwischen nicht mehr als solchen sieht, lässt sich die rund achtzehn Millionen Jahre umfassende Tätigkeit nicht von dem trennen, was er geplant und in die Wege geleitet hat.
 
Markant ist beispielsweise Delorians »Selbstgespräch« der besonderen Art, das sich aus der seiner besonderen Natur ergibt. Vom Wesen ist er reines Bewusstsein; ES zwar angegliedert, jedoch nicht in den Bewusstseinspool integriert. Mehr noch: Delorian ist durch das ihm innewohnende Wissen für ES der eigentliche Kern – und bis zu einem gewissen Grad sogar »ES selbst«. Jedenfalls so lange, bis durch die vojaridischen Geburtshelfer aus der Wesenheit wieder eine vollwertige Superintelligenz entstand.
 
Aber auch später dürfte für Außenstehende Delorians Auftreten nur schwer von dem der Superintelligenz selbst zu unterscheiden gewesen sein – mal ganz davon abgesehen, dass die lange bestehende Dreiteilung in die »ältere Schwester« ESTARTU, den »jüngeren Bruder« ES sowie die negativen Teile von Anti-ES zu berücksichtigen ist. Kein Wunder, dass Delorian auf Rhodans Bemerkung – »ES würde sich sicher freuen, dich erneut kennenzulernen!« – den bemerkenswerten Satz hören ließ: »Der alte Zauderer wusste noch nie genau, wer er im Augenblick ist ...« (PR 2600)
 
Wollte Delorian verhindern, dass sich ES nach achtzehn Millionen Jahren »einfach so« von ihm verabschiedet, ihm für seine Dienste dankt und ihn in den Bewusstseinspool einfügt beziehungsweise gar als integrierter »ewiger« Bestandteil der Großen Zeitschleife quasi »abschiebt«, musste er aus der Wahrnehmung von ES verschwinden und von Beginn an auf das eigentliche Ziel – Freiheit und Unabhängigkeit ohne Fremdbestimmung – hinarbeiten. Keine leichte Aufgabe: Immerhin hatte es Delorian mit einer Superintelligenz zu tun.
 
Andererseits hatte er als Chronist von Beginn an die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen – ja, er musste das sogar, um das Wissen der Zeitschleife an ES weiterzugeben. Gleichzeitig bot das die Chance, sogar ES zu manipulieren und die eigene Existenz in ES' Erinnerungen im wahrsten Sinne des Wortes »final zu verschleiern«, sodass er quasi mit dem Ende der Großen Zeitschleife »verschwand«. Gerade Delorian befand sich ja im blinden Fleck der Wahrnehmung von ES.
Entstehung, Werdegang und Fähigkeiten von Superintelligenzen werden im Groben vom Zwiebelschalenmodell skizziert, im Einzelnen gibt es vielfältige Möglichkeiten. Als Gemeinsamkeit gilt, dass sich auf die eine oder andere Weise ein Bewusstseinskollektiv ausbildet und der »eigentliche« Aufenthaltsbereich einer Superintelligenz das höhergeordnete Gefüge des Hyperraums darstellt. Um Kontakt mit »niederen Lebensformen« im kausal orientierten vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum aufnehmen zu können, müssen sich Superintelligenzen, die ihrer Grundstruktur nach ja bis zu einem gewissen Grad außerhalb von Raum und Zeit stehen, »Gestalten« bedienen, die mehr oder weniger dauerhaft im Standarduniversum manifestiert werden – und da kann es mitunter zu recht absonderlichen Phänomenen kommen.
 
Das galt auch für Delorian und das von ihm als Chronist »verwaltete« Wissen, das unter anderem in Gestalt der Zeittafeln von Amringhar manifestiert war. Für deren Beschreibung zog seinerzeit Sato Ambush die buddhistische Allegorie von Indras Netz heran – ein endloses Netz von Fäden, wobei die waagerechten durch den Raum und die senkrechten durch die Zeit verlaufen. An jedem Kreuzungspunkt ist ein Individuum in Gestalt einer Kristallperle zu finden. Das große Licht des Absoluten Seins erleuchtet und durchdringt jede Perle; darüber hinaus spiegelt jede Perle nicht nur das Licht einer jeden anderen im Netz, sondern auch jede Spiegelung jeder Spiegelung, womit die vollkommene Verbundenheit von allem mit allem symbolisiert wird.
 
Für viele Hyperphysiker gilt diese Allegorie als durchaus zutreffende Darstellung der Universen im Hyperraum und allem in ihm Enthaltenen des Multiversums einschließlich der Kosmonukleotide des Moralischen Kodes. Andererseits trifft es als Beschreibung auch für die Zeittafeln von Amringhar zu.


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