Experiment Freier Raum


Kommentarnummer: 1796

Heftnummer: 2672

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Da er von der Erhöhung der Hyperimpedanz in vielfacher Hinsicht eingeschränkt und behindert worden war, hatte sich der robotische Konstrukteur Sholoubwa ein ebenso naheliegendes wie hohes Ziel gesteckt:
 
Ich erschaffe den Freien Raum. Im N-Kubus dieses Sonnensystems wird die Erhöhung des Hyperphysikalischen Widerstands aufgehoben. Die Hyperimpedanz wird lokal begrenzt ihren Einfluss verlieren. Und ich werde endlich wieder der Alte sein. Der geniale Konstrukteur, dem keine Grenzen gesetzt sind! (...) In diesem Kubus wird eine Frequenz erzeugt, die den Wellenwiderstand des Hypervakuums auf den ursprünglichen Wert reduziert. Der N-Kubus umfasst sowohl den Hyperraum als auch den darin eingebetteten Normalraum. In diesem so erschaffenen, von der Hyperimpedanz-Erhöhung nicht länger betroffenen Freien Raum funktioniert jede höherdimensionale Technologie wieder wie zuvor. (PR 2671)
 
Sholoubwas Handicap bedingte, dass viele der Berechnungen zumindest fehlerhaft, um nicht zu sagen falsch waren. Die Energiemengen, die er benötigte, um den Freien Raum in der Größe eines Sonnensystems aufrechtzuerhalten, konnten auf Dauer nicht erzeugt werden. Von außen betrachtet, so Eroin Blitzers Beobachtung beim Anflug des Weltenschiffs, war das Nahroin-System komplett verschwunden. Der Raum des Systems bildete einen Bereich völliger Ruhe, eine blinde Zone, um die ein Hypersturm katastrophalen Ausmaßes tobte. Der Freie Raum und seine Manipulationen konnten sich nicht harmonisch ins übrige Universum einfügen. In den Grenzzonen riss die Wirklichkeit auf und tobte das Chaos. (PR 2671)
 
Somit war es kaum verwunderlich, dass dieses Konstrukt bereits nach kurzer Zeit kollabierte, mit für Sholoubwa überaus unangenehmen Folgen ...
 
... dabei hätte er, richtig berechnet und in kleinerem Maßstab, zweifellos Erfolg gehabt. Immerhin ist die Idee einer aktiv herbeigeführten, lokal begrenzten Reduzierung des Hyperwiderstands an sich weder neu noch außergewöhnlich. Die Terraner haben beispielsweise, inspiriert vom bei der Stoßimpuls-Generator-Plattform ZEUT-80 beobachteten Phänomen der Hyperkavitation (PR 2397), diese Methode aufgegriffen. Mit dem DeBeer'schen Kompritormlader – kurz DeBeer-Lader – wurde für den Hawk III ein Zusatzmodul entwickelt, welches in engen Grenzen zu einer Steigerung des Überlichtfaktors unter Ausnutzung einer Hyperkavitation auf Halbraumbasis führt.
 
Das vom lateinischen cavus – hohl – abgeleitete Kavitation bezeichnet die Bildung von Blasen in einer Flüssigkeit. Diese entstehen nicht nur, wenn die Flüssigkeit durch Energiezufuhr erwärmt wird, sondern auch, wenn der Druck in der Flüssigkeit stark absinkt. Superkavitation kommt beispielsweise bei Torpedos zum Einsatz, die komplett in eine Luftblase gehüllt sind, auf diese Weise keine Berührung mehr mit dem Wasser haben – wodurch fast jeder Reibungswiderstand aufgehoben ist – und Geschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern pro Stunde erreichen können.
 
Ähnlich wie die Luftblase bei Superkavitation die Berührung mit dem umgebenden Wasser verhindert und den Reibungswiderstand reduziert, entsteht beim DeBeer-Lader des Hawk III die »Halbraumblase mit verringertem Hyperwiderstand«. Zum Einsatz kommt hierbei Libratronen-»Halbraum-Strahlung« im Bereich zwischen einem und 21,88 Megakalup mit einem Intensitätspeak zwischen 1 bis 7214 Kalup.
 
Von vornherein war hierbei klar, dass eine solche »aktive Hyperimpedanz-Reduzierung« durch Kompritormlader sehr viel Energie erfordert – Motto: »Von nix kommt nix!« Diese ist an Bord von Raumschiffen normalerweise ohnehin knapp bemessen. Der Wirkungsgrad der bisher eingesetzten Aggregate reicht somit nicht aus, um die mit dem Hyperimpedanz-Schock verbundene Erhöhung komplett auszugleichen, führt aber immerhin zu einer Leistungsverbesserung um »etliche Prozent«. Beim Hawk III und den Hawk-IV-Prototypen haben sich die praktischen Erprobungen als vielversprechend erwiesen – sofern erstens eine ausreichende Energieversorgung sichergestellt ist und zweitens leistungsfähige Hyperkristalle wie Howalkrit oder gar Salkrit zum Einsatz kommen.
 
Vordergründig mag eine Verbesserung der Lineartriebwerke das Hauptziel dieser Forschung sein, doch langfristig betrachtet kann der Einsatz der Hyperkavitation natürlich für sämtliche übrige in dem jeweiligen Raumschiff genutzte Technik nur von Vorteil sein. Ob allerdings eine lokale Reduzierung der Hyperimpedanz auf die alten Werte möglich ist, bleibt abzuwarten. Bislang jedenfalls ist sie noch nicht gelungen.


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