Zur Lage in der Milchstraße (1)


Kommentarnummer: 1748

Heftnummer: 2624

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Das Solsystem ist verschwunden, die BASIS entführt – die dramatischen Ereignisse des 5. September 1469 NGZ haben unweigerlich Auswirkungen auf die Entscheidungsträger in der Milchstraße. Es dreht sich hierbei nicht nur darum, herauszufinden, was eigentlich genau passiert ist, sondern auch um die Entscheidung; vor allem im Galaktikum, aber auch in der LFT, und mit welchen Mitteln darauf zu reagieren ist.
 
Und es ist ja nicht so, dass es keine sonstigen Probleme geben würde. Die Regierung der Liga Freier Terraner hatte in den Jahren ab 1312 NGZ keine Gelegenheit ausgelassen, um vor den mit der »Modifikation des hyperphysikalischen Widerstandes« verbundenen Gefahren zu warnen. Sie ging mit gutem Beispiel voran, indem sie mit exorbitantem finanziellen Aufwand versuchte, sämtliche Planeten der LFT in den wichtigsten Grundlagen zu Selbstversorgern zu machen und die Grundlagenforschung voranzutreiben. Dennoch wurde die Ankündigung selbst in den eigenen Reihen meist eher mit Skepsis aufgenommen.
 
Ein Grund hierfür war nicht zuletzt der mit der Warnung durch Cairol III. am 28. Mai 1312 NGZ an Bord der SOL verbundene Hinweis, es handele sich um eine universumsweite Modifikation, die von den Kosmokraten angeblich zur Einbremsung des »Lebens an sich« vorgenommen würde. Selbst viele Jahre nach dem Hyperimpedanz-Schock gab es genügend Wissenschaftler, die einen kosmokratischen Eingriff wie auch immer gearteter Natur in Zweifel zogen und eher von einem natürlichen Prozess ausgingen, der vielleicht alle paar Milliarden Jahre als zyklische Fluktuation stattfindet – verbunden mit dem Hinweis, dass sich die Kosmokraten in Kenntnis dessen quasi mit »fremden Federn« geschmückt hätten.
 
Die inzwischen durch die Geschichte der Frequenz-Monarchie bekannten drei früheren Hyperimpedanz-Erhöhungen im Verlauf der letzten rund zehn Millionen Jahre – von den Vatrox als Erste bis Dritte Hyperdepression bezeichnet – gaben den Skeptikern massiven Aufwind. Die meisten Wissenschaftler gehen 1469 NGZ davon aus, dass die Fluktuationen des hyperphysikalischen Widerstands im Kern natürliche Ursachen haben.
 
Schon vor dem eigentlichen Hyperimpedanz-Schock in der Nacht vom 10. auf den 11. September 1331 NGZ um 2.28 Uhr Terrania-Standardzeit (TS) wurde klar, dass die Primäreffekte – erhöhter Energieverbrauch, verringerter Wirkungsgrad aller hyperphysikalisch arbeitenden Aggregate, beschleunigtes Auslaugen der Hyperkristalle bis hin zum Zerfall, größere Anfälligkeit gegenüber äußere Einflüsse – leider nur eine Seite der Medaille war.
 
Mit den Sekundäreffekten in Gestalt der extrem verstärkten und gehäuft auftretenden Hyperstürme gab es eine Nuss zu knacken, die selbst ohne die Hyperimpedanz-Erhöhung sogar bei voller Funktionsbereitschaft der alten Technik zu massiven Behinderungen geführt hätte. Die beste Vorbereitung nutzt leider herzlich wenig, wenn bei Werten von 100, 150, 200 oder noch mehr Meg Wirkungen zu beobachten sind, die sich zum Teil gegenseitig aufschaukeln und neben den hyperphysikalischen sogar konventionelle Anwendungen massiv »aus dem Ruder werfen«. Gründe dafür können das Auftreten von raumzeitlichen Verzerrungen, das Aufklaffen von Tryortan-Schlünden oder eine normalphysikalische Störstrahlung sein oder schlicht und einfach die Tatsache, dass es zu EMP-ähnlichen Schlägen kommt.
 
In Zonen wie dem galaktischen Zentrum der Milchstraße waren die Bedingungen für die Raumfahrt zwar seit jeher massiv erschwert, die neuen hyperphysikalischen Bedingungen haben dem aber gewissermaßen noch eins draufgesetzt. Überdies wird davon ausgegangen, dass die nach dem Ende der Hyperkokons materialisierten Sternhaufen das allgemeine Chaos in der Milchstraße weiter angeheizt haben. Doch selbst nach mehr als hundert Jahren scheint der Höhepunkt noch nicht erreicht zu sein: Seit Anfang 1466 NGZ haben nicht nur Intensität wie Ausdehnung der alten Hypersturmgebiete nochmals zugenommen, sondern es sind neue hinzugekommen – und hierbei scheint die Milchstraße noch vergleichsweise wenig betroffen zu sein, denn aus den erreichbaren Sterneninseln des Polyport-Netzes werden deutlich stärkere Zunahmen gemeldet.
 
Unabhängig davon sind noch längst nicht alle Rätsel gelöst: Das zeigt vor allem die erst seit etwa 1450 NGZ gemachte Beobachtung, dass es zwischen den Haupthyperstürmen vergleichsweise eng begrenzte Zonen gibt, in denen im Linearraum höhere Überlichtfaktoren als normal erreicht werden können. Bei diesen Hyperstream genannten »Strömen« kommt es zu Effekten, die grob jenen eines Jetstreams als Starkwindband in der Atmosphäre eines Planeten entsprechen. Diesbezüglich steht die Forschung aber erst am Anfang …


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