Sol (III)


Kommentarnummer: 1743

Heftnummer: 2619

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Der extrem starke Temperaturanstieg in der Übergangsschicht beruht darauf, dass heißes Gas niedriger Dichte im Vergleich zu kühlem Gas hoher Dichte nur schwer Energie abstrahlen kann, heißes Gas aber andererseits ein außerordentlich hohes Wärmeleitvermögen hat. Aus der heißen Korona fließt daher Energie in die tiefer liegenden kühleren und dichteren Schichten, die auf diese Weise von oben aufgeheizt werden und die Energie abstrahlen. Es ist ein selbstregulierender Prozess: Strömt zu viel Energie aus der Korona ab, sinkt deren Temperatur und damit das Wärmeleitvermögen des Gases, der Energiefluss wird gedrosselt; fließt zu wenig Energie ab, erhöht sich die Temperatur und damit das Wärmeleitvermögen der Materie, der Energiefluss wird erhöht.
 
Die Korona ist die äußerste Schicht der Sonne und im sichtbaren Spektralbereich ohne spezielle Beobachtungsinstrumente normalerweise nicht beobachtbar. Bei totalen Sonnenfinsternissen, bei denen die Fotosphäre vom Mond vollständig verdeckt ist, wird sie in Form eines weißlich leuchtenden Strahlenkranzes sichtbar – lateinisch corona gleich Krone. Durch Strahlung, Stoßwellen und andere Wechselwirkungen mechanischer oder magnetischer Art wird die äußerst verdünnte Koronamaterie auf Temperaturen von bis zu zwei Millionen Kelvin aufgeheizt. In Gebieten der inneren Korona werden über Regionen hoher Sonnenaktivität mehr als drei Millionen Kelvin erreicht, im Bereich von Sonneneruptionen sogar 20 bis 40 Millionen Kelvin.
 
Während in der inneren Korona die Gasdichte etwa 109 Teilchen pro Kubikzentimeter beträgt, sind es in der Entfernung von rund 696.000 Kilometern über der Fotosphäre etwa 106, bei vier Sonnenradien oder rund 2,78 Millionen Kilometern etwa 105 und bei zehn Sonnenradien oder 6,96 Millionen Kilometern weniger als 104 Teilchen pro Kubikzentimeter – was einer Dichte von rund 10-19 Gramm pro Kubikzentimeter entspricht. Die Ausdehnung der Korona erreicht je nach Beobachtungsmethode einen Durchmesser zwischen vier bis knapp vierzehn Millionen Kilometern.
 
Die Korona geht in den Sonnenwind über. Hauptbestandteile der Korpuskularstrahlung sind Protonen und Elektronen mit Dichten von einigen Millionen Teilchen pro Kubikmeter und einer mittleren Geschwindigkeit von rund 500 Kilometern pro Sekunde.
 
Alle diese bislang gültigen Dinge werden durch die Aktivitäten der Spenta auf erschreckende Weise ausgehebelt. Laut dem Sonnenphysiker Mofidul Huq beinhaltet deren Ephemere Materie physikalische wie hyperphysikalische Komponenten, also fünfdimensionale und in Spuren sogar sechsdimensionale Energie; sie hat normalerweise eine vergleichsweise flüchtige Konsistenz und vergängliche Stabilität. Die Mosaikintelligenz der Spenta entnimmt der Sonne Energie und erzeugt damit quasimaterielle Schablonen. Vorgefertigte Proto-Maschinen, die mit den Nagelschiffen kamen, sind Schablonen, die mit solarer Energie vor Ort angereichert und damit zur Einsatzbereitschaft gebracht werden.
 
Die Spenta haben diese Maschinerie im Inneren der Sonne rasch anwachsen lassen, wenngleich das Ganze mit einer Maschine, wie Menschen sie sich vorstellen, nur bedingt zu tun hat. Vielmehr ist es, wie Shanda Sarmotte mit ihrer Parafähigkeit der intuitiven Mustererfassung zu erkennen glaubt, ein Flechtwerk unterschiedlicher Energien ohne feste dreidimensionale Begrenzung. Dennoch erinnert sie das gesamte Konstrukt an eine technische Struktur oder eine Industrieanlage.
 
Huq bezeichnet diese Maschinen der Einfachheit halber als Transformatoren. Sie verwandeln Energie der Sonne in weitere, hyperphysikalisch extrem aufgeladene und wirksame Ephemere Materie und pumpen diese in den Sonnenkern. Ab einem gewissen Grenzwert bewirkt dieses Vorgehen eine rapide Inflation, ein Aufblähen des Sonnenkerns auf mehr als das Hundertfache seines normalen Durchmessers.
 
Hinzu kommen Veränderungen an der Oberfläche der auf diese Weise aufgeblähten Sonne – die Fotosphäre überzieht sich mit der Fimbal-Kruste oder Fimbal-Membran, da die Ephemeren Transformatoren eine gewissermaßen nur noch als zweidimensional anzusehende »Schicht« entstehen lassen. Eindringende Photonen sind in dieser Membran gefangen wie in einem Schwarzen Loch oder einem eigenständigen Universum; sie müssten sich schneller als die Lichtgeschwindigkeit bewegen, um wieder zu entkommen. Die zeitartigen Linien in der Kruste sind zu raumartigen Linien verbogen.
 
Am 30. September 1469 NGZ ist die Sonne eine auf 35 Millionen Kilometer Durchmesser aufgeblähte schwarze Kugel, ohne dass sich Masse oder Anziehungskraft verändert hätten – der Beginn des Fimbul-Winters …


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