ESTARTU und die Anthurianer (3)


Kommentarnummer: 1721

Heftnummer: 2597

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Während der Bau von TALIN ANTHURESTA voranschritt, gelang es parallel dazu, die gewaltigen intergalaktischen Ent- und Verzerrungsphänomene praktisch zu nutzen – in Form der Sektorknospen.
 
Diverse Völker wurden auf den Scheibenwelten von TA- LIN ANTHURESTA angesiedelt, unterschiedliche Denk- schulen verbanden sich damit. Die Schule der Homoge- nisten bevorzugte die Besiedlung durch eine Population, die auf einem natürlichen Planeten entstanden war und lediglich auf ein Objekt verpflanzt wurde. Die Evolutionisten generierten Bevölkerungen aus wenig komplexen biologisch-kulturellen Keimen und beschleunigten ihre Entwicklung, sobald sie auf der ihnen zugedachten Scheibenwelt eingetroffen waren. Die Heterogenisten schließlich führten zwei, drei oder noch mehr einander unbekannte Zivilisationen auf den Objekten zusammen und beobachteten ihre Tendenzen: Kombinierten sie sich, erzeugten sie ein neues Ganzes oder schlossen sie sich von- und gegeneinander ab und segmentierten sie ihre Scheibenwelt?
 
Nur in ganz wenigen Fällen erfuhren außenstehende Völker überhaupt von dem, was in TALIN ANTHURESTA geschah. Und je mehr Zeit verging, desto weniger erforderlich wurde parallel zum Aufbau des Polyport-Netzes die ursprüngliche Archenfunktion.
 
Zugang zum Wunder von Anthuresta hatten ohnehin nur die Anthurianer mit ihren Ur-Controllern, alle anderen Controller zeigten die riesige Sphäre nicht einmal an. Von diesen fiel den Vatrox bei ihrem Putsch kein Einziger in die Hände; die Frequenz-Monarchie erfuhr nie von TALIN ANTHURESTA. Hinzu kam, dass Fogudare, die oberste Instanz in der Welt der zwanzigtausend Welten und den Vatrox sowie ihren Kollektivwesen durchaus misstrauisch eingestellt, als Einziger zurückgeblieben war, in jenem als »Arche« gedachten Projekt, das aber seit dem Großen Gesang von den anderen Überlebenden ebenso ehrfurchtsvoll wie auch etwas ängstlich gemieden wurde – ein weiterer Grund, weshalb die Vatrox nie davon erfuhren.
 
Der Große Gesang war 9.865.894 vor Christus – rund 4000 Jahre nach der Erhöhung des Hyperwiderstands – Höhepunkt der anthurianischen Entwicklung. Anlass war das Erscheinen des Helioten auf Wanderer, der ES zur Teilnahme an Thoregon zu überreden versuchte, in ESTARTU jedoch die unterdrückten Erinnerungen an die erste Existenz weckten.
 
Erstmals wurde die Kunstwelt Wanderer, materieller und doch aus der Gedankenkraft der Superintelligenz nach eigenem Willen gestalteter »Anker«, zu einem Bestandteil von TALIN ANTHURESTA, ließ eins der Artefakte planetaren Ausmaßes entstofflichen und rückte an seine Stelle.
 
Die Bewusstseine der beteiligten rund 50 Milliarden Anthurianer, verteilt über Tausende Welten von Anthuresta, aber auch in TALIN ANTHURESTA, lösten sich von den Körpern, stiegen auf und vereinigten sich zu einem machtvollen geistigen Kollektiv. Sie waren es, die ESTARTU förmlich aus dem bisherigen Verbund heraustrennten und dabei in der »neugeborenen« Entität aufgingen. In gewisser Weise glichen sie den Vojariden als »Geburtshelfer« bei der Entstehung von ES.
Das dreieinige, bislang verschmolzene Geisteswesen geriet in Aufruhr, der sich auch für einen passiven Beobachter psychisch kaum ertragen ließ. Die Wesenheit wurde buchstäblich zerrissen – in einem Prozess, der keineswegs schmerz- oder emotionsfrei ablief, sondern eine schier unerträgliche Belastung für alle Beteiligten darstellte.
 
Die Begleiterscheinungen dieser Abspaltung, dieses Ur- Sprungs einer Superintelligenz waren für die Zurückbleibenden fast nicht bei klarem Verstand zu verkraften – wäre da nicht das Frohlocken, das reine, schon nahezu grenzenlose Glück, die Vorfreude auf Erfüllung gewesen. Während die vergeistigten Anthurianer in ESTARTU aufgingen, versteinerten ihre Körper auf vielen Welten. Über Herkunft, Zweck und Möglichkeiten der ebenfalls zurückbleibenden psimateriellen Artefakte von besonderer Schönheit rätselten die nachfolgenden Generationen anderer Lebewesen ...
 
Nach der Trennung ESTARTUS von ES waren die übrigen Anthurianer sich selbst überlassen – insgesamt nur noch rund 500 Millionen Wesen, die sich nie ausführlicher zu diesen Dingen äußerten, sondern nur vage von einem Großen Gesang sprachen.
 
Als die Vatrox gerettet wurden und später in die Dienste der Anthurianer traten, war das Polyport-Netz längst geschaffen. Handelssterne, Distribut-Depots und Polyport-Höfe waren über die Galaxien verstreute Knoten eines extrem weitmaschigen Geflechts, das letztlich auf die Kraftlinien des natürlichen Psionischen Netzes zurückgriff
 


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