Schwarmintelligenz


Kommentarnummer: 1594

Heftnummer: 2470

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Bei der Begegnung von Vertretern einander völlig fremder Völker gilt es als Erstes, die Kommunikationsbarriere zu überwinden. Guten Willen, Toleranz und Geduld auf beiden Seiten vorausgesetzt, lässt sich dieses Hindernis mithilfe von Translatoren mehr oder weniger schnell überwinden. Ob es dann im zweiten Schritt zu einer wirklichen Verständigung kommt, hängt sehr davon ab, wie stark sich Mentalität, Weltsicht, Ethik und dergleichen voneinander unterscheiden oder nicht. Durchaus möglich, dass die Unterschiede zu groß sind. In einem solchen Fall wird sich die Kommunikation auf den Austausch allgemeiner Informationen beschränken und eine echte Annäherung wohl eher nicht zustande kommen.
 
Wenn wir uns vor Augen führen, wie sehr sich bereits Mentalität und Denkweise von Menschen auf der Erde unterscheiden, die »nur« aus anderen Kulturen anderer Kontinente kommen - beispielsweise Vertreter der sogenannten westlichen Zivilisation im Vergleich zu solchen aus Afrika oder Asien, wobei schon diese Umschreibung eine extreme Vereinfachung darstellt ! -, lässt sich leicht erkennen, welches Potenzial an Konflikten und grundsätzlichem Unverständnis aus der Begegnung von Volksvertretern erwachsen kann, die einer völlig anderen Evolution von unterschiedlichen Welten entstammen. Schon auf dieser Ebene können voneinander abweichende Auffassungen, welche Bedeutung ein Individuum und das gesellschaftliche Ganze haben sollen oder dürfen, gravierende Auswirkungen zeitigen.
 
Gesteigert wird diese Schwierigkeit noch um ein Vielfaches, sobald eine der Seiten den Regeln einer Schwarmintelligenz folgt. Abhängig von der Ausprägung, kann von Gruppen- oder Kollektiver Intelligenz gesprochen werden - bis hin zum »Superorganismus«. Letzterer zeigt als Ganzes intelligente Verhaltensweisen, die zwarvon der Kommunikation und den spezifischen Handlungen der Individuen abhängen, aber unter dem Strich auch deutlich darüber hinausgehen, getreu dem Motto, dass das Ganze mehr als nur die bloße Summe seiner Teile ist. Hauptkennzeichen ist hierbei das Fehlen einer zentralisierten Form der Oberaufsicht im Sinne einer Hierarchie oder eines Befehlsbaums - an ihre Stelle tritt eine hochgradig entwickelte Form der Selbstorganisation.
 
Aus der Tierwelt sind eine ganze Reihe klassischer Beispiele bekannt, vor allem bei Staaten bildenden Insekten wie Ameisen, Termiten, Bienen und dergleichen. Die Handlungen der Einzelindividuen bleiben beschränkt und folgen einem häufig sehr begrenzten Verhaltens- und Reaktionsrepertoire, dennoch erfüllen sie ihre Aufgaben sehr zielgerichtet und effizient. Das Schwarmverhalten von Fischen und Vögeln zeigt beispielsweise eine bemerkenswerte Perfektion, obwohl das Prinzip auf nur drei Regeln basiert, die es den Individuen eines solchen Schwarms ermöglichen, sich in Synchronizität zu bewegen.  
 
1) Beweg dich Richtung Mittelpunkt derer, die du ringsum siehst,
2) beweg dich weg, sobald dir jemand zu nahe kommt,
3) beweg dich grob in jene Richtung wie deine Nachbarn.
 
Aus diesen Regeln auf individueller Ebene folgt die Gesamtstruktur des Schwarms. Der Vorteil des Schwarmverhaltens ist beispielsweise der Schutz, weil Fressfeinden eine geringere Angriffsfläche geboten wird. Auch unser Gehirn basiert auf dem Zusammenspiel eines »Superorganismus«, dessen Individuen - nämlich die einzelnen Neuronen - letztlich vergleichsweise »dumm« sind und abhängig von ihrer Reaktionsschwelle »feuern« oder »nicht feuern«. Erst im Zusammenwirken von Abermilliarden Nervenzellen, die komplexen und spezifischen Regeln folgen, entsteht das, was wir Intelligenz nennen. Die Tamii KOLTOROC sind ebenfalls unter der Rubrik Schwarmintelligenz einzuordnen. Die Individuen sind vergleichsweise »dumm«, haben nur eine beschränkte Wahrnehmung, aber dennoch funktioniert ihr Zusammenspiel in einer fast perfekten Weise. Erst die Schwarmintelligenz als Ganzes ist in der Lage, bis zu einem gewissen Grad zu interagieren, zum Beispiel den Bewegungen der Kolonne zu folgen. Was den Individuen persönlich fehlt, gleicht die Schwarmintelligenz aus. Grundlage ist das ausgefeilte Kommunikationssystem des Staatenfunks, der innerhalb der Staatenschiffe permanente Kontakte zwischen allen Angehörigen herstellt. Die Individuen erbringen keinerlei sonderliche Denkleistung, aber jedes einzelne Mündel KOLTOROCS komMuniziert über das ins Hirn implantierte Funkgerät - und die unglaubliche Menge gleichzeitig aufgenommener Informationen, obwohl meist auf Befindlichkeiten, Beobachtungen und Instinktregungen beschränkt, formt die eigene Handlung wie auch jene des Schwarms insgesamt.


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