| Stardust-Nachlese (II) |
Kommentarnummer: 1565 Heftnummer: 2441 Erschienen: 01.01.1970 |
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Als Starthilfe für die Siedler im Stardust-System wurde in der zur Verfügung stehenden Zeit so viel Material und Ausrüstung durch die Teletrans-Weiche befördert wie möglich. Hierbei musste allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht abgewogen werden. Was ist noch notwendige Unterstützung - und wo fängt für das Solsystem und seine Bewohner ein Aderlass an ? Kann es sein, dass angesichts der Belagerung durch die Terminale Kolonne TRAITOR in absehbarer Zeit genau jenes »Quäntchen« fehlt, das nun abgeflossen ist ? Bedenken wie diese werden nicht nur den Verantwortlichen die eine oder andere schlaflose Nacht bereitet haben.
Hinzu kam, dass - neben dem »Nadelöhr« der Passage selbst und ihrer fatalen Wirkung auf Hyperkristalle - stets zu berücksichtigen galt, dass nach dem Erlöschen der Verbindung kein wie auch immer gearteter Nachschub mehr möglich ist. Ein oberstes Gebot lautete bei der Auswahl also zwangsläufig größtmögliche Robustheit und beste Recyclingeigenschaften. Jedes Frachtstück, jedes Gerät, jede Verpackung - einfach alles musste gleich »mehrfach verwendungsfähig« im weitesten Sinne sein. Und in keinem Fall durfte es passieren, dass hausgroße Aggregate über kurz oder lang nur deshalb unbrauchbar in der Ecke herumstehen, weil eine nicht mal quadratmillimeterkleine integrierte Schaltung versagt hat.
Von Vorteil für die Umsetzung war selbstverständlich, dass die Menschheit inzwischen auf die Erfahrung mehrerer Jahrtausende intensiver Exoplaneten-Besiedlung zurückblicken kann, die ihrerseits eine Erweiterung noch längerer Erfahrungszeiten von Arkoniden, Akonen und anderer Milchsstraßenvölker ,darstellen. Berücksichtigen wir aber, dass solche gezielten Siedlungsprojekte normalerweise Jahre, Jahrzehnte und mehr in Anspruch nehmen - mit intensiver Explorer-Erkundung zu Beginn und einer kaum weniger intensiven Betreuung und Hilfe während der Aufbauphase -, lässt sich leicht ermessen, welche immense Leistung in den nicht mal drei Monaten erbracht wurde. Vieles musste quasi über Nacht aus dem Boden gestampft werden - und all das geschah unter der permanenten Belagerung durch die Terminale Kolonne.
Und neben dem reinen Materialtransport haben wir es bei letztlich rund 804 Millionen Personen auch mit 804 Millionen Einzelschicksalen zu tun. Eine Zahl, die in ihrer reinen Nennung ziemlich abstrakt bleibt. Vielleicht hilft ein Beispiel, um sie ein bisschen zu verdeutlichen. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts alter Zeitrechnung überschritt auf der Erde die Weltbevölkerung die Milliardengrenze. Mit anderen Worten. Bei der Umsiedlung ins Stardust-System wurden Personen innerhalb eines Vierteljahres in einer Zahl transportiert, wie sie der gesamten Erdbevölkerung des ausgehenden 18.Jahrhunderts entsprach !
Die erbrachte Leistung verdient höchsten Respekt - und das gleich in mehrfacher Hinsicht und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Die Zurückbleibenden im Solsystem haben sich »nicht lumpen lassen«, um der Stardust-Menschheit die bestmöglichen Startchancen und alle guten Wünsche mitzugeben, während umgekehrt die Neusiedler entschlossen den Schritt zum kompletten Neuanfang in unbekannten Gefilden wagen. Da mag durchaus eine gewisse »Flucht nach vorn« hineinspielen, gepaart mit einem Schuss Abenteuerlust und Wagemut. Welche Motivation den Einzelnen auch immer angetrieben haben mag - jene, die blieben, ebenso wie jene, die gingen -, für alle gilt, dass sie sich den Herausforderungen stellen wollen und werden. Wie das Ergebnis aussehen wird, ist allerdings für beide Seiten offen. Welches Schicksal dem Solsystem, der Milchstraße und der Lokalen Galaxiengruppe angesichts der in Hangay entstehenden Negasphäre bevorsteht, kann zur Zeit niemand sagen.
Und Vergleichbares betrifft auch das weitere Schicksal der Siedler im Stardust-System, die seit dem 13.November 1346 NGZ auf sich allein gestellt sind. Sie werden eine immense Aufbauleistung zu erbringen haben. Städte und Siedlungen müssen schnell aus dem Boden gestampft werden, Ernährung, Ver- und Entsorgung sind sicherzustellen, Produktionsstätten aufzubauen ... Probleme genug, über die im Detail besser nicht nachgedacht wird, weil sie sich sonst zu einer ziemlich hohen Wand auftürmen. Und das vor dem Hintergrund einer noch unbekannten Umgebung und dem »Anreiz« eines Neuen Galaktischen Rätsels mit der Aussicht auf zweifaches ewiges Leben.
Was bleibt ? Nur das Wissen um die Stardust-Menschheit im Gebiet der »Fernen Stätten« und die ihnen dort gebotenen Chancen ? Niemand weiß, wo genau sich diese Fernen Stätten befinden, wie weit sie wirklich vom Solsystem entfernt sind. Aber vielleicht hören wir wieder voneinander - irgendwann …
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