Die GILGAMESCH (II)


Kommentarnummer: 1151

Heftnummer: 2027

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

GILGAMESCH    

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

2025

Weitere Teile:

            



Rückwirkend betrachtet blieb das Schicksal der GILGAMESCH fast zwangsläufig mit dem von Camelot verknüpft: Unabhängig von der in ihr realisierten, teilweise völlig neu entwickelten »Camelot-Technik« und ihrer Leistungsfähigkeit war dieses ungewöhnliche Raumschiff stets derart eng an das Projekt der Zellaktivatorträger gebunden, daß darin schon eine gewisse Tragik zu sehen ist. Die lange Abwesenheit der Unsterblichen im Zuge der Coma-Expeditionen zur Großen Leere hatte ihrem Ansehen ebenso geschadet wie die Ereignisse parallel dazu; Spindelwesen und Imprint-Sucht seien als zwei Stichworte genannt. Als am 4. Oktober 1222 NGZ die BASIS wieder das Solsystem erreichte und einen Schirmfeldprojektor aus Hirdobaan mitbrachte, der die Milliarden Imprint-Süchtigen nach kurzem Aufenthalt im Schirmfeldsektor heilte, wurde es Rhodan & Co. nicht gedankt - das Klima in der Öffentlichkeit wandte sich verstärkt gegen die Unsterblichen.
 
Im Sommer 1233 NGZ besichtigten die Zellaktivatorträger deshalb zum ersten Mal die ehemalige Freifahrerwelt Phönix im Kugelsternhaufen M 30 - Michael Rhodan hatte sich an diesen Planeten erinnert, der fortan als Insel des Friedens und der Vernunft dienen sollte und in Form des Projekts Camelot langsam Gestalt annahm. Am 1. Mai 1235 NGZ folgte die Grundsteinlegung von Port Arthur. Nicht alle Aktivatorträger beteiligten sich im selben Maß an Camelot; Rhodan, Bull und Atlan trugen den größten Teil der Last. Von besonderer Bedeutung war Homer G. Adams' Arbeit - mit seiner Organisation Taxit beschaffte er die für Camelot benötigten Finanzmittel. Nachdem sich Perry Rhodan am 1. August 1240 NGZ von dem Maler Johnny verabschiedet hatte, verließen die Aktivatorträger endgültig die galaktische Bühne. Über die Camelot-Büros auf Terra, Olymp und anderen wichtigen Welten rekrutierte man hochqualifizierte Mitarbeiter, und in der Folgezeit wurde Camelot in der Milchstraße allmählich zu einem Mythos. Auf dem umbenannten zweiten Planeten der Sonne Ceres beschlossen die Unsterblichen und ihre Helfer den Bau eines völlig neuartigen Raumschiffs: Im Juli 1262 NGZ wurde der Entwurf der GILGAMESCH genehmigt und mit dem Bau begonnen (Technische Daten siehe PR-Kommentar 2025).
 
Das Grundkonzept hierbei war, einen Raumer zu konstruieren, der den Unsterblichen als Gesamtgruppe ebenso als Flaggschiff dienen wie jedem einzelnen von ihnen auch Bewegungsfreiheit ermöglichen konnte. Auf diese Weise kam es zu der Zuordnung der zwölf Einzelmodule, die an das Zentralmodul MERLIN gekoppelt waren. MOORGA hatte Perry Rhodan sein Modul genannt, nach der Sonne des Planeten Sabhal. Die RICO war Atlans Modul, benannt nach seinem Robotbetreuer aus der Zeit seiner Larsaf-Verbannung. Die SIELA erhielt ihren Namen nach Siela Correl, von der Reginald Bull überzeugt war, daß sie eine Tochter sei. Homer G. Adams bezog sich mit der Bezeichnung ROSTOCK auf einem der ehemaligen Kosmischen Basare. Julian Tifflors TALOSH verwies auf den fünften Schritt der Upanishad und bedeutete »Meditation über den Sinn des Lebens und den Dritten Weg«.
 
Die MERKOSH Michael Rhodans war nach dem Gläsernen benannt, dem Rhodans Sohn auf dem Saturnmond Titan begegnete. Alaska Saedelaere wählte mit KYTOMA den Namen seiner querionischen Freundin, Ronald Tekener gedachte mit KENNON seines langjährigen USO-Partners Sinclair Marout Kennon, und Gucky leistete seiner zerstörten Heimatwelt Tribut, indem er das Modul TRAMP nannte. Dao-Lin-H'ays VINAU hieß so nach der Ursprungswelt der Kartanin in Hangay, Myler Kantor taufte die ENZA nach seiner Mutter Enza Mansoor, und die Vandemar-Zwillinge bezogen sich mit SAIRA ebenfalls auf ihre Mutter und die gleichnamige Welt, auf der sie aufwuchsen. Mit Blick auf den Rückzug nach Camelot hatte die Idee eines modular aufgebauten Schiffes durchaus etwas Bestechendes, doch sie krankte von Beginn an gleich in mehrfacher Hinsicht. Schon lange vor der Fertigstellung hatten sich Ronald Tekener und Dao-Lin-H'ay nach M 33 und Hangay zurückgezogen, und Julian Tifflor und Michael Rhodan waren im Jahr 1238 NGZ bei einer Geheimmission in Fornax spurlos verschwunden. Homer G. Adams kümmerte sich bevorzugt um Taxit, und Myles Kantor lebte in erster Linie im Forschungszentrum Titan. Somit besaßen gleich sechs Module der GILGAMESCH keine »Kommandanten« aus den Reihen der Unsterblichen. Hinzu kam der Umstand, daß die volle Schlagkraft des Raumers eigentlich nur im kompletten Zustand gewährleistet war - ein Abdocken der Einzelmodule also eher im taktischen Rahmen und kurzfristigen Einsatz zu sehen war...
 
Erstmals sorgte die fertiggestellte GILGAMESCH am 22. Oktober 1286 NGZ für Aufsehen, als sie im Schutz eines hochwirksamen Virtuellbildners ein Dutzend arkonidische Kreuzer in die Flucht schlug, die den Bergbau-Asteroiden Gruvtrav einnehmen wollten. Seinen offiziellen Auftritt hatte das Schiff dann am 12. Oktober 1288 NGZ - fast gleichzeitig mit der Auflösung des Zeitraffer-Felds von Trokan erschien Perry Rhodan mit der GILGAMESCH an den Grenzen des Solsystems. Die GILGAMESCH war fortan als das Flaggschiff der Zellaktivatorträger bekannt, erwies sich vor allem in den Kämpfen gegen die Flotten der Tolkander als sehr feuerstark und leistete auch in Chearth hervorragende Dienste. Mit der Bekanntgabe der Camelot-Koordinaten jedoch war im Grunde schon das »Ende« besiegelt. Sicher hätte die GILGAMESCH als Komplettraumer wertvolle Dienste leisten können, sogar nach dem »Abkommen« mit Bostich; im Dienst des Galaktikums stehend, wäre das dem Camelot-Gedanken durchaus adäquat gewesen - hätte der Imperator nicht von vornherein falsches Spiel betrieben...
 
Der Namenspatron Gilgamesch, halb Mensch, halb Gott, war ein Sucher der Unsterblichkeit gewesen, der, wie das gleichnamige Epos schildert, letztlich scheiterte - nomen est omen?


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