von Kurt Mahr
Der Autor utopischer Romane sieht sich oft vor das Problem gestellt, die Verhältnisse in der Umgebung ferner, unbekannter
Sonnen (Fixsterne) zu schildern. Dabei wird manchmal übersehen, daß zwischen der Farbe eines Sternes und seiner
Oberflächentemperatur ein wohlbekannter Zusammenhang besteht. Sterne strahlen nämlich als "schwarze Körper" im Sinne
der Physik und das Spektrum der "schwarzen Strahlung" hat eine charakteristische Form (siehe Abbildung), die allein von der
Oberflächentemperatur des Strahlers bestimmt wird.
Die Abbildung zeigt schematisch die Spektra zweier Sterne, deren
Oberflächentemperatur T1 und T2 betragen, wobei T1 größer ist als T2. Die beiden Kurven zeichnen die Dichte der bei der
jeweiligen Wellenlänge abgegebenen Strahlung als Funktion der Wellenlänge. Es ist zu beobachten, daß der Punkt
höchster Strahlungsdichte, Lmax1, für den heißeren, der beiden Sterne bei einer geringeren Wellenlänge auftritt als der
entsprechende Punkt Lmax2, des kühleren Sterns. Diese Gesetzmäßigkeit faßt das Wien'sche Verschiebungsgesetz wie
folgt zusammen:
Lmax * T = 28.800.000
Dabei ist Lmax wiederum die Wellenlänge, bei der die Strahlungsdichte ihren höchsten Wert erreicht, und wird
üblicherwiese in Angström-Einheiten (A) angegeben. Ein Angström ist der zehnmillionste Teil eines Millimeters. T, und zwar in
Grad absolut oder Grad Kelvin, ist die Oberflächentemperatur des Sternes. Für unsere Zwecke ist eine abgewandelte Form der
Gleichung günstiger, da sie die gwünschte Temperatur unmittelbar als Ergebnis auswirft.
Sie lautet:
T = 28.000.000 / Lmax
Darauf ein Beispiel: Das Strahlungsmaximum unserer Sonne liegt bei Lmax = 4.800 Angström. Setzen wird diesen
Wert in die zweite Gleichung ein, so erhalten wir für die Temperatur an der Sonnenoberfläche den Wert T = 6000° absolut. Diesen
Wert kennen wir aber alle schon aus der Schulzeit.
Zur Anwendung der Gleichung seien im folgenden noch einige zusätzliche Erläuterungen gegeben. Das
sichtbare elektromagnetische Spektrum, allgemein "Licht" genannt, nimmt den Wellenlängenbereich von 4000 bis 7200
Angström ein. Die Farben sind etwa wie folgt verteilt:
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FARBE |
Wellenlängenbereich |
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Violett, Blau |
4000 - 4800 Angström |
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Grün |
4800 - 5600 Angström |
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Gelb, Orange |
5600 - 6000 Angström |
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Rot |
6000 - 7200 Angström |
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Nach kürzeren Wellenlängen hin schließt sich der Spektralbereich des Ultravioletten an, nach höheren Wellenlängen hin folgen
die Bereiche des Infrarot und der Wärmestrahlung.
Bei der Bestimmung der Farbe eines Fixsterns ist offensichtlich Vorsicht geboten. Nach dem oben Gesagten liegt das
Strahlungsmaximum unserer Sonne bei 4800 Angström, also an der Grenze zwischen Grün und Blau. Trotzdem erscheint uns die Sonne
gelblich-weiß. Es ist also nicht so, daß die Lage des Strahlungsmaximums allein die Farbe des Sterns verrät. Dem Verlauf der Kurven
in der Abbildung ist zu entnehmen, daß die Gesamtstrahlung eines Sternes in weitaus höherem Maße aus Wellenlängen
zusammengesetzt ist, die größer sind als Lmax, denn aus solchen, die kleiner sind. Obwohl die Strahlungsspitze unserer Sonne
an der Grün-Blau-Grenze liegt, überwiegen in der Gesamtstrahlung schließlich doch die gelb-bis-roten Töne, und in der Mischung
entsteht das bekannte Gelb-Weiß.
Sterne, deren Strahlungsmaximum gegenüber dem der Sonne nach kürzeren Wellenlängen hin verschoben sind, werden bei kleineren
Unterschieden rein weiß, bei größeren dagegen immer mehr bläulich erscheinen. Die Oberflächentemperatur nimmt dabei nach der
Gleichung ständig zu. So zum Beispiel hat der bläuliche Sirius eine Oberflächentemperatur von 11.200° absolut, was einem
Wert Lmax = 2500 Angström entspricht, und die noch bläulichere Beta-Centauri mißt an ihrer Oberfläche 21.000° absolut mit einem
entsprechenden Lmax von 1333 Angström. Bei beiden Sternen liegt also das Strahlungsmaximum bereits außerhalb des sichtbaren
Bereichs im Ultravioletten. Auf der anderen Seite erscheinen Sterne, deren Strahlungsmaximum gegenüber dem der Sonne nach
größeren hin verschoben ist, immer gelblicher, dann gelblich-röter und schließlich rot. Beteigeuze zum Beispiel, ein M2-Stern, ist
von rötlicher Farbe. Ihr Strahlungsmaximum liegt bei rund 10.000 Angström, also bereits im Infraroten, und ihre
Oberflächentemperatur beträgt kanpp unter 3000° absolut.
Zum Abschluß noch eine Bemerkung, die manchem von uns nützlich erscheinen mag: Aus der gesamten
Strahlungsleistung eines Fixsterns lassen sich Schlüsse ziehen auf die Licht- und Temperaturverhältnisse an der Oberfläche
von Planeten, die diesem Fixstern umkreisen. Gewöhnlich bedient man sich dabei nicht absoluter Werte, sondern man sagt:
Dieser Stern strahlt viermal soviel Energie ab, wie die irdische Sonne, die Strahlung liegt annähernd im selben
Spektralbereich - wieviel Energie erhält also ein Planet, der von diesem Stern zweimal soweit entfernt ist wie die Erde? Antwort:
Ebensoviel. Denn die aufgefangene Strahlungsleistung nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab, so daß folgende
Beziehung besteht:
Wx / We = (re² / rx²) * (Sx / Sa)
Dabei sind:
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Wx |
Strahlungsleistung, die ein hypothetischer Planet im Abstand rx von einem Fixstern mit der Strahlungsleistung Sx empfängt. |
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We |
Die auf der Erde von der Sonne (Abstand re) empfangene Strahlungsleistung. |
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Sa |
Die Strahlungsleistung der Sonne |
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