Ich hätte nicht gedacht, dass es in einem nur zwölf Bände umfassenden Minizyklus einen Roman geben kann, in dem die Handlung fast überhaupt nicht vorangetrieben wird. Ich meine, was geschieht denn hier eigentlich? Rhodan und Begleitung fliehen von Sepura 2, rasseln erst mit der MASTER zusammen (wahrscheinlich war in der SANDIOR der Unendliche Unwahrscheinlichkeits-Drive eingeschaltet, anders kann ich mir dieses unfassbare Zusammentreffen nicht erklären) und dann mit dem Amöbenschiff. Es werden ein paar Erkenntnisse gesammelt und Anthur will zur Stardust-Felsennadel. Der Rest besteht mehr oder weniger aus Technobabble. OK, das war übertrieben, aber trotzdem...
Ich will nicht sagen, dass der Roman zu 90 Prozent überflüssig ist, schließlich wird die Rettungsaktion so fesselnd beschrieben, wie das angesichts der Tatsache überhaupt möglich ist, dass mindestens einer der Protagonisten definitiv nicht sterben wird, weil er es sonst schwer hätte, in der einige Jahre später spielenden Erstauflage mitzumischen. Technikbegeisterte Leser werden das Heft wahrscheinlich sogar toll finden, denn die ausufernden Schilderungen der PR-typischen Technik hätten von Rainer Castor wahrscheinlich kaum "besser" verfasst werden können. Mein Fall ist das leider nicht, jedenfalls nicht in so großen Portionen. Aber ich muss zugeben, dass ich es ganz nett fand, wie der Alltag in einem Raumschiff hier mal nicht aus Sicht derer in der Zentrale geschildert wird, sondern quasi "von unten".
Eritrea ist fürs Zwischenmenschliche zuständig. Sie erinnert sich daran, wie sie ihren Sohn verloren hat und was danach aus ihm geworden ist. Im September 1464 NGZ kriegt sie von ihren Schwiegereltern ein rechtskräftiges Urteil vor den Latz geknallt, dem zufolge ihr das Sorgerecht für ihren Sohn ab dem 10. Mai 1463 NGZ entzogen wurde. Das war ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Nennt mich kleinlich, aber das halte ich für unglaubwürdig. Leser der Erstauflage werden sich vielleicht erinnern, dass der Krieg gegen VATROX-VAMU im Mai 1463 NGZ in der heißen Phase war. Kann man einem Frontsoldaten vorwerfen, dass er sich nicht um sein Kind kümmert? Dass ein Verfahren anhängig war, wird Eritrea doch wohl mitbekommen haben? Wenn sie anderweitig beschäftigt war, warum hat sie sich dann keinen Anwalt genommen? Jetzt hat sie die Berufungsfrist verpasst. Hm - gilt der Kampf gegen eine feindliche Geistesmacht womöglich als Argument, wenn man Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend machen will? Welches Datum hat das Urteil überhaupt? Wie dem auch sei: Entweder ist das Urteil Quatsch oder Eritrea hat sich wirklich so wenig für ihren Sohn interessiert, dass ich sie nicht bemitleiden kann. Abgesehen davon waren diese Rückblicke eigentlich unnötig. Neues haben wir nicht erfahren.
Eins macht Roman Schleifer auf jeden Fall richtig: Er versucht nicht, Perrys Charaktereigenschaften wortreich zu beschreiben, sondern er zeigt, wie Normalsterbliche ihn sehen und auf ihn reagieren, wie sie die Andersartigkeit des legendären Zellaktivatorträgers wahrnehmen. Ich fand es erfrischend zu lesen, dass Eritrea sich nicht vom selbsternannten Boten einer Superintelligenz auf der Nase herumtanzen lassen will und wie sie Perry zurechtstutzt. Mehr davon und weniger Hypertechnik-Gedöns wäre mir lieber gewesen.
Johannes Kreis 15.07.2014 |