Nachdem Atlan und sein Einsatzteam einen ersten Eindruck von der Beschaffenheit ZENTAPHERS gewonnen haben, geht es nun darum, mehr Informationen zu sammeln. Oberste Priorität bleibt jedoch die Suche nach dem letzten Kimbaner, Mohodeh Kascha. Das Team teilt sich in 3 Gruppen und stößt zu unterschiedlichen Kabinetten vor, um diese eingehend zu untersuchen. Dabei wählen die Teams die Ziele nach dem Zufallsprinzip aus, denn bei dem geringen Wissen und 612.000 möglichen Zielen, bleibt keine andere Wahl. Meist finden die Teams ein Bild der Zerstörung vor. Überall hat die «Große Verheerung» ihre Spuren hinterlassen. Tolot Koordiniert die Vorstöße der drei Einsatzteams und fasst die Erkenntnisse zusammen. Zuvor, auf dem Kabinett Rynkor: Kitodd Skitti, Hochgenetiker und Pseutare, erhält einen schwierigen Auftrag von Kintradims Höhe. Er soll einige Millionen Lebewesen klonen und bereitstellen. Kitodd ist verzweifelt, denn der größte Teil der Gen-Datenbank ist zerstört. Der Pseutare sucht verzweifelt nach Möglichkeiten den Befehl des Architekten trotzdem umzusetzen, stößt aber an die Grenzen des Machbaren.
Als überraschend ein Fremder auf Rynkor auftaucht, gibt es einen ersten Hoffnungsschimmer. Der Besucher, der mit einer Gondel auf Rynkor landet, stellt sich als Mohodeh Kascha vor. Der Kimbaner, der hohe Würde und Integrität ausstrahlt, gibt an, die Zerstörungen der «Großen Verheerung» zu untersuchen und bittet um Informationen. Mohodeh Kascha weist ebenfalls aus, das er im Auftrag des Architekten unterwegs sei, was die Bereitschaft Kitodd Skittis, die gewünschten Informationen zu liefern, enorm erhöht. Mohodeh Kascha interessiert sich vor allem für die auf Rynkor gelagerten drei «Z-Atlanten», auf denen alle Kabinette mit ihrer Population und Koordinaten verzeichnet sind. Die Z-Atlanten liefern eine genaue Übersichts- und Navigationskarte von ZENTAPHER. Obwohl Mohodeh Kascha sich als äußerst hilfsbereit erweist und zahlreiche Daten der Gen-Datenbank restaurieren kann, wagt es Kitodd Skitti nicht, dem Besucher einen der drei Z-Atlanten auszuhändigen. Mohodeh Kascha lenkt ein und scheint einverstanden, nimmt aber eines der Bücher heimlich an sich und verlässt das Kabinett wieder. Der Kimbaner hinterlässt eine Botschaft, in der er Kitodd Skitti mitteilt, das er das Buch nur als geliehen betrachtet und es nach Gebrauch zurückbringen wird. Einige Zeit später landet Mondra Diamond und Trim Marath im Zuge ihrer Erkundungsmission ebenfalls auf dem Kabinett Rynkor. Die beiden sind sehr überrascht, als man ihre Frage nach Mohodeh Kascha positiv beantwortet.
Es scheint als ob man eine erste Spur gefunden hat. Als der Hochgenetiker Kitodd Skitti die beiden neuen Besucher empfängt, spürt er durch seine ausgeprägten Fähigkeiten das Todesgen in Mondra und Trim. Zur ihrer großen Überraschung bittet der Hochgenetiker um eine Probe für seine Gen-Datenbank. Alle Lebewesen, die für ZENTAPHER auf Rynkor geklont werden, müssen offensichtlich eine genetisch definierte Lebensdauer besitzen, aber genau diese Funktion ist den Pseutare verloren gegangen. Die Vorstellung, das künstlich erzeugten Klonen, mit Hilfe des Todesgens von Monos die Lebensdauer eingeschränkt wird, stürzt Mondra in eine moralische Krise und sie verwehrt sich der Bitte des Hochgenetikers. In einer Nacht und Nebel Aktion nimmt Mondra und Trim einen der Z-Atlanten an sich und verlassen mit ihrer Beute das Kabinett. Bei dieser Aktion verletzt sich Mondra leicht und hinterlässt einige Bluttropfen. Als Kitodd Skitti am nächsten Morgen klar wird, das ein weiterer, der ursprünglich drei Z-Atlanten entwendet wurde, ist der Hochgenetiker tief betrübt. Als er jedoch die Blutstropfen von Mondra findet, schlägt seine Stimmung schlagartig um. Denn mit Hilfe des Blutes kann er einen wichtigen Teil in der Gen-Datenbank rekonstruieren und seiner Aufgabe nachkommen. Kitodd Skitti verzeiht deshalb Mondra und Trim den Diebstahl und macht sich sofort an die Arbeit das Todesgen zu isolieren. Neben den wichtigen Informationen, die Mondra und Trim erbeuten konnten, erhielten sie nebenbei durch die Aussagen Kitodd Skittis die Gewissheit, das der Gen-Defekt bei Trim und Startac fast geheilt ist. Keifan hat also ganze Arbeit geleistet.
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Als Startac Schroeder und Icho Tolot mit einer Gondel ein weiteres der fraktalen Kabinette anfliegen, das jedoch unbewohnt ist, stellen sie nach ihrer Rückkehr zur Entree-Station eine Zeitverschiebung fest. Sie ist aber nur unbedeutend, soll aber weiter beobachtet werden. So starten drei Zweiergruppen, um weitere Kabinette aufzusuchen. Der Haluter bleibt zurück.
Atlan da Gonozal und Myles Kantor gelangen in ein komplett zerstörtes Kabinett, wo sie ein ständiges Flüstern und Rauschen hören. Das nächste Kabinett ist unbebaut und besteht nur aus einer Betonfläche. Das dritte Kabinett enthält ein riesiges, oben offenes Bauwerk, in dem Maschinen den Sauerstoff ZENTAPHERS erzeugen.
Dao-Lin-H'ay und Schroeder erreichen ein Kabinett, das als Rohstofflager dient. Sie stellen fest, dass die Rohstoffe daraus verschwinden, doch wie das geschieht, bleibt ihnen verborgen.
Mondra Diamond und Trim Marath fliegen ein Kabinett an, in dem verrottende Maschinen stehen. Sie vermeinen, die Präsenz untoten Lebens zu spüren, und vernehmen auch ein Wispern. Dann verirrt sich Diamond beinahe in einer Nebelwand, und anschließend entdecken sie in einem Bauwerk tote Echsenwesen, die in Acrylglasblöcken eingeschweißt sind. Laut einer Inschrift handelt es sich um Keyrettler, die einem Artgenossen, der tödlich verletzt war, in den Tod folgten.
Als Nächstes erreichen Diamond und Marath den Marktplatz von Rynkor. Dort leben die Pseutaren, die Genetiker ZENTAPHERS. Die Vogelwesen haben den Auftrag, alle genetisch maßgeschneiderten Lebewesen zu klonen, die in den Kabinetten leben. Die Zeit in Rynkor verläuft entsprechend der Zeit der Entree-Station, und sie begegnen dem Hochgenetiker Kitodd Skitti, der sie für die lang ersehnten Gesandten aus Kintradims Höhe hält. Diamond erkundigt sich nach Mohodeh Kascha, und der Pseutare berichtet von dem Kimbaner, den er als Dieb bezeichnet:
Als die Pseutaren nach der Großen Verheerung erwachten, mussten sie erkennen, dass sie von den 1300 Arten nur noch 588 klonen konnten. Darum konnten sie den Befehl, zwölf Milliarden verschiedene Klone zu produzieren, nicht ausführen. Vor allem die geforderte Lieferung von 20 Alpha-Ingenieuren fiel dabei schwer ins Gewicht. Sie schöpften neue Hoffnung, als Kascha erschien und sich als Beauftragter des Architekten ausgab. Sie beantworteten ihm seine Fragen nach den Ektapa, den Frachtagenten ZENTAPHERS, die die Supergondeln benutzen. Dann stahl er einen der drei ZENTAPHER-Atlanten, die der Architekt den Pseutaren anvertraut hatte und der Orientierung innerhalb der Wolkenwand dienten.
Skitti, der allein durch Berührung den genetischen Aufbau eines Lebewesens analysieren kann, erkennt an Diamond das inaktive und an Marath das durch Keifan deaktivierte Horrikos-Gen. Es entspricht dem Todesgen, das den Genetikern zum Klonen der Alpha-Ingenieure fehlt, denn jede Spezies in ZENTAPHER besitzt ein spezielles Todesgen, das die Lebensspanne begrenzt und somit eine Überbevölkerung verhindert. Die beiden Terraner zögern, dem sympathischen Vogelwesen das gewünschte Gen zu überlassen. Während Skitti sich dann zu seiner Gefährtin Lalee Lirli und den Kindern zurückzieht, dringen sie am 17. März 1304 NGZ in das Archiv der Pseutaren ein, stehlen einen Z-Atlas und kehren zur Entree-Station zurück.
So sehr der erneute Diebstahl Skitti entsetzt, so sehr begeistern ihn die genetischen Möglichkeiten, die ein von Diamond am Tatort zurückgelassener Blutfleck ihm ermöglicht. Im Übrigen wird im Gesamtbereich ZENTAPHERS Phrantisch als Sprache benutzt.
Perrypedia
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Rätselhaftes Zentapher
Die Vorstöße von Atlan und seinen Begleitern im Inneren des rätselhaften Gebildes namens ZENTAPHER vervollständigen sich nur langsam zu einem Gesamtbild, was aber angesichts der zutage tretenden Größenordnungen nicht zu verwundern braucht. Kintradim Crux, der als Architekt von ZENTAPHER bezeichnet wird und vielleicht der Erbauer ist, hat zweifellos etwas überaus Bemerkenswertes geschaffen. Vom Standarduniversum aus betrachtet, ist ZENTAPHER die »Dunkle Null« des Sperrplaneten Clurmertakh. Etwa auf halbem Weg zwischen Äquator und Südpol - exakt auf dem 41. Breitengrad Süd, rund 6092 km vom Äquator und 7280 km vom Südpol entfernt - ist vom All aus eine Art »Loch« zu erkennen; eine Erscheinung, die auf den ersten Blick an den Großen Roten Fleck des Jupiters erinnert.
Aber dieses Loch hat mit einem Sturm nichts zu tun. Es ist vielmehr ein Bereich, der wie aus der Schöpfung »herausgestanzt« scheint; eine Kugel von beachtlichen 36 Kilometern Durchmesser, die etwa zu zwei Dritteln in die Masse des Planeten eingelassen ist. So lauten zumindest die Meßergebnisse der Massetaster, die aus jener 36-Kilometer-Zone selbst keinerlei Daten hereinbekommen. Sämtliche Ortungsergebnisse definieren die Dunkle Null zwar als ein »eigenes, autarkes Universum«, aber von außen ist eine genaue Vermessung der Dunklen Null nicht möglich. Denn erstens fallen grundsätzlich immer mehr technische Geräte aus, je weiter man sich ihr nähert, und zweitens unterliegen Expeditionen stets ab etwa fünfzig Kilometern vor Erreichen der Dunklen Null einer Desorientierung, bei der es sich offensichtlich um einen Strangeness-Effekt handelt. Sämtliche Störstrahlung wie auch die desorientierende Wirkung lassen jedoch ein Dutzend Meter vor der imaginären Grenze nach und kommen ab der Acht-Meter-Grenze vollständig zum Erliegen, so daß direkt an der Wandung keine unerklärlichen Erscheinungen mehr auftreten.
ZENTAPHER ist für seine Bewohner die Welt, im Verhältnis zum Standarduniversum tatsächlich ein eigenes Universum, eingebettet in den übrigen Kosmos. Abmessungen und Zeitabläufe im Inneren von ZENTAPHER sind hierbei nicht identisch mit denen im Außen. Das Innere des zentaphischen Raums »beschützt« die Strangeness-Barriere, so daß eine Dimensionssphäre mit einem Innendurchmesser von 38 Kilometern entsteht, deren Innenfläche in ihren raschen, strömungsartigen Bewegungen wie ein fließendes Wolkenfeld wirkt. In gewissem Sinne kann die Dunkle Null als »dreidimensionaler Schatten« betrachtet werden - vergleichbar den schattenlosen Obelisken der Cynos -, da ZENTAPHER selbst nicht Bestandteil des Standarduniversums ist, sondern sich »außerhalb« befindet. Wir können uns das zur Veranschaulichung beispielsweise so vorstellen, daß das Standarduniversum eine Fläche ist, über der eine Kugel schwebt - und genau wie ein normaler Schatten je nach Lichtquelle in seiner Ausdehnung nicht identisch ist mit dem Objekt, das den Schatten auf die Fläche wirft, so gilt auch im Fall von ZENTAPHER, daß der Innendurchmesser der Modellkugel von 38 Kilometern nicht dem Außendurchmesser des Schattens von 36 Kilometern entspricht.
In dem Wirbeln des Wolkenfeldes existiert eine Ordnung, die sich mathematisch erfassen läßt. Sämtliche Punkte und Flächen auf der Innenseite ZENTAPHERS fließen zwar, doch stets bleibt in diesem Konglomerat eine gewisse Gesamtsumme gleich. Diese »Wolkenkapsel« ist das Medium, in das 612.000 »Mikrouniversen« eingebettet sind; die sogenannten Kabinette, die eine Eigenzeit haben können und in jedem Fall eine eigene Räumlichkeit besitzen - also Ausdehnungen, die zum Teil bis zu hundert Kilometer erreichen. Die Kabinette wiederum sind ebenfalls durch eine Strangeness-Barriere vom Innenraum ZENTAPHERS abgetrennt. Auch hierzu eine Veranschaulichung: Innenraum und Wolkenkapsel gleichen dem von M.C. Escher 1960 in dem Holzschnitt Kreislimit IV dargestellten Motiv, das die künstlerische Darstellung einer hyperbolischen Ebene ist. Das Mittelfeld weist eine komplexe Flächeneinteilung auf, in der Engel und Teufel als Figur und Hintergrund einander abwechseln: in der Bildmitte drei schwarze Teufel, daran schließen sich sechs weiße Engel, diese wiederum werden von zwölf schwarzen Teufeln verfolgt. Je weiter wir uns von der Mitte entfernen, um so kleiner werden die Figuren, ohne jedoch das besondere Merkmal des lückenlosen Ineinandergreifens zu verlieren. Der Kreis schließt sich, wenn wir die Zahlenreihe solange verdoppeln bis wir am Rand scheinbar unendlich viele Teufel und Engel als schwarze und weiße Punkte sehen.
Hintergrund ist eine besondere Form nichteuklidischer Geometrie, die sogenannte hyperbolische Geometrie des französischen Mathematikers Henri Poincaré (1854 bis 1912). Dieser hatte das Modell entwickelt, bei dem eine unendliche Fläche innerhalb eines großen, aber begrenzten Kreises liegt. In gleicher Weise, nun jedoch auf die Innenseite der Hohlkugel von ZENTAPHER bezogen, läßt sich die dimensional verschobene Anordnung der Kabinette der Wolkenkapsel deuten: Auch hier wird deutlich mehr Fläche und Volumen in den begrenzten Raum von 38 Kilometern Innendurchmesser »gepackt« - nur mit dem Unterschied, daß die Anzahl der Kabinette auf insgesamt 612.000 begrenzt bleibt und diese ihrerseits »Mikrouniversen« mit eigenem Raum und eigener Zeit darstellen, während ZENTAPHER als Ganzes im Standarduniversum »nur« die Kugel der Dunklen Null von 36 Kilometern Durchmesser ergibt. Im exakten Mittelpunkt der von Wolken begrenzten Hohlkugel schwebt die Entree-Station, die als einziger Punkt von Startac Schroeder per Teleportation erreicht werden konnte. Sie dient als eine Art Verschiebebahnhof zwischen »in ZENTAPHER« und »außerhalb«. Von hier aus starten auch die Gondel genannten Transportmittel zu den Kabinetten, deren Erkundung Atlan und seine Begleiter weiter in Angriff nehmen...
Rainer Castor
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