Sol (II)
Im Übergangsbereich von der Strahlungs- zur Konvektionszone der Sonne erreichen die Konvektionszellen riesiger heißer Blasen ionisierten Gases von Megagranula mehrere 100.000 Kilometer Durchmesser. Weiter oben verbinden sich mit großräumigen Supergranula, die eine vertikale Ausdehnung von 15.000 Kilometern und eine horizontale von 20.000 bis 40.000 Kilometern aufweisen, Lebenszeiten von einem bis eineinhalb Tagen, in denen Materie mit Geschwindigkeiten von etwa 300 bis 400 Kilometern pro Sekunde vertikal nach oben strömt.
Granula oder auch Granuolen sind die obersten Teile in der Konvektionszone; in ihnen gibt es Aufwärtsbewegungen von bis zu 3600 Kilometern pro Stunde, während vom Zentrum zum Rand gerichtete Horizontalgeschwindigkeiten deutlich geringer ausfallen. Die Lebensdauer eines Granulum liegt bei fünf bis zehn Minuten, ehe es sich wieder auflöst und durch neue ersetzt wird. Die Größe der Konvektionszellen nimmt nach außen stark ab – an der Sonnenoberfläche ist das Brodeln als Granulation erkennbar, eine »körnige« Struktur, bei der sich kleine helle Gebiete vom etwas weniger hellen Hintergrund abheben. Der Durchmesser beträgt im Mittel rund 1500 Kilometer; es gibt ständig etwa vier Millionen Granula auf der Sonnenoberfläche.
Wegen der geringen Dichte am oberen Rand der Konvektionszone können die Photonen nahezu ungehindert nach außen entweichen. Die Gaskugel Sols erscheint deshalb scharf im Sinne einer Sonnenoberfläche begrenzt, weil der größte Teil der für uns sichtbaren Sonnenstrahlung aus der dünnen Schicht der Fotosphäre kommt – griechisch für »Kugelschale aus Licht«.
Bedingt durch die unterschiedlichen thermischen und Strahlungseigenschaften gliedert sich die Sonnenatmosphäre von innen nach außen in die vier Teilbereiche Fotosphäre, Chromosphäre, Übergangsschicht, Korona. Druck und Dichte nehmen nach außen kontinuierlich ab. Für die Temperatur gilt dies nur in der Fotosphäre und der unteren und mittleren Chromosphäre, während sie in den darüber liegenden Schichten mit wachsendem Zentrumsabstand wieder steigt.
Die Untergrenze der nur etwa 300 Kilometer dicken Fotosphäre, von der gerade noch sichtbare Strahlung direkt empfangen werden kann, weist eine Temperatur von etwa 7000 Kelvin auf; an der Obergrenze etwa 4500 Kelvin. Die Gasdichte nimmt von etwa 3 mal 10-7 Gramm pro Kubikzentimeter auf rund 3 mal 10-8 Gramm pro Kubikzentimeter ab.
Im unteren Teil ist die sich anschließende Chromosphäre bis zu einer Höhe von 1500 Kilometern relativ homogen und mit insgesamt 10.000 Kilometern Höhe deutlich dicker als die Fotosphäre. Ihre Ausstrahlung fällt wegen der geringeren Dichte von typischerweise rund 10-12 Gramm pro Kubikzentimeter bedeutend kleiner aus, zumal sie nach außen bis auf 10-15 Gramm pro Kubikzentimeter zurückgeht. Ähnliches gilt für die Temperatur bis zu einer Höhe von etwa 300 Kilometern über der Fotosphäre, wo ein Temperaturminimum von etwa 4200 Kelvin erreicht wird. Nach außen steigt sie wieder an und erreicht in etwa 2000 Kilometern Höhe 9000 Kelvin.
Die Chromosphäre geht in den Wald von einzelnen flammenähnlichen Lichtzungen der Spicula über, die sich unregelmäßig hoch erheben. Sie schießen mit Geschwindigkeiten von zehn bis dreißig Kilometern pro Sekunde empor – verbunden mit Lebenszeiten von rund zehn Minuten. Im Mittel haben sie einen Durchmesser von 1000 Kilometern, erreichen Höhen von 10.000 Kilometern und sind eng mit Magnetfeldern verknüpft. Weil der Gasdruck mit zunehmender Höhe abnimmt, spielt der senkrecht zu den Feldlinien wirkende magnetische Druck eine immer stärkere Rolle.
Wegen der niedrigeren Temperaturen und der höheren Dichte in den Spicula im Vergleich zur Materie in der sie umgebenden Übergangsschicht strahlen die Spicula stärker als die sie umgebende Materie und werden sichtbar. Riesenspicula mit Temperaturen von 10.000 bis 20.000 Kelvin haben eine Lebensdauer bis zu etwa vierzig Minuten, steigen in Höhen von mehreren 10.000 Kilometern und reichen durch die Übergangsschicht bis in die untere Korona.
Die Übergangsschicht selbst hat eine Dicke von wenigen Tausend Kilometern und ist im Wesentlichen durch den Anstieg der Temperatur von etwa 25.000 Kelvin auf rund eine Million Kelvin sowie einen steilen Dichteabfall gekennzeichnet. Es handelt sich um eine Grenzschicht der Helium-Ionisation sowie den Übergang von der gravitationsgebundenen und durch Gasdruck und Fluiddynamik bestimmten Form zu von magnetischen dynamischen Kräften wie der Magnetohydrodynamik gebildeten Formen.
Rainer Castor
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